Controlling in der Gemeindeverwaltung Kreuzau

27 November 2012

Der von der FDP Kreuzau mehrfach geäußerte Wunsch, dass in der Gemeindeverwaltung Kreuzau endlich ein effizientes Controlling eingerichtet wird, stößt beim Bürgermeister und seinen Dezernenten auf nachhaltigen  Widerstand.

Wir hatten diesen Wunsch dem Rat zuletzt ausdrücklich und ausführlich begründet in der Haushaltsrede 2012 vorgetragen. Weil uns uns die Einrichtung einer Controllingstelle aus verschiedenen Gründen als unabdingbar erschien, hatten wir unsere Zustimmung zum Haushalt 2013 an die Erfüllung unserer Forderung geknüpft.

Wir hatten dort wie folgt formuliert: “Das einzige Mittel, das wir haben, ist die Ablehnung des Haushaltes insgesamt. Wenn wir in diesem Jahr auch noch zustimmen werden, ist für uns spätestens der Haushalt 2013 „Deadline“. Sie haben ab jetzt ein Jahr Zeit, um nicht nur formal sondern auch inhaltlich eine zufriedenstellende Regelung zu finden, – eine Regelung, die dem Rat den Eindruck vermittelt, dass es in der Verwaltung jemanden gibt, der ständig und professionell innovatives, sparsames und wirtschaftliches Verhalten fördert”

Im Laufe des Jahres 2012 hatten wir mehrfach an dieses Junktim erinnert. In der Sitzung des Rates am 23.10.2012 stellte z.b  RM Prof. Meurer ausweislich des Ratsprotokolls Punkt 7 (Anfragen) fest,  ”dass seitens der FDP-Fraktion seit Jahren die Einrichtung eines effektiven Controllings gefordert werde und fragt an, wie sich hier der Sachstand darstelle. BM Ramm erwidert, dass für die nächste Sitzungsrunde eine entsprechende Vorlage durch die Abteilung Finanzen erstellt werde.”

Die vom Bürgermeister angekündigte Vorlage erfolgte am 27.11.2012 in der Sitzung des Hauptauschusses durch folgene schriftliche Mitteilung unter dem Titel “Controlling in der Gemeinde Kreuzau”:

“Aus dem Rat wird seit geraumer Zeit immer wieder die Einführung eines „Controllings“ in derGemeindeverwaltung Kreuzau gefordert. Die letzte Anfrage erfolgte in der Ratssitzung am 23.10.2012 durch das Ratsmitglied Prof. Dr. Meurer.

Der Begriff Controlling ist zwar abgeleitet aus dem englischen to control, geht aber in seiner Bedeutung weit über die wörtliche Übersetzung hinaus und beinhaltet nicht nur die Kontrolle, sondern die Beherrschung, Lenkung und Steuerung eines Vorgangs. Es soll eine bereichsübergreifende Steuerungsunterstützung sein, um den am Zielprozess Beteiligten Instrumente und Informationen zur Verfügung zu stellen, die dazu führen, die festgelegten Ziele zu erreichen.

Der Zielerreichungsprozess verläuft in folgenden Schritten:

- Festlegung der Ziele

- Operative und strategische Planung

- Ermittlung und Analyse der Planabweichung

- Entscheidung über Korrekturen

Controlling stammt aus dem privatwirtschaftlichen Bereich und ist für jedes gewinnorientierte Unternehmen ein unverzichtbares Instrument, um strategische Entscheidungen zu treffen. Im Zuge der Modernisierung (Neues Steuerungsmodell) hat es Einzug in die Verwaltungen gehalten.

Allerdings gilt es dabei zu beachten:

- Erster Schritt des beschriebenen Prozesses ist die Festlegung der Ziele. Diese erfolgt durch das Aufsichtsgremium, den Rat, der im Sinne des Neuen Steuerungsmodells steuert, das Rudern aber der Verwaltung überlässt (Politik legt das „Was“ fest, Verwaltung bestimmt das „Wie“).

- Anders als in der Privatwirtschaft ist es in der Verwaltung nicht oder nur in Ausnahmefällen möglich, Kurskorrekturen in Form personeller Konsequenzen (bis hin zu Entlassungen) oder gar der Trennung von unwirtschaftlichen Teilbereichen vorzunehmen. Der weitaus überwiegende Teil der Aufgabenbereiche, insbesondere die unrentablen, bezieht sich auf Pflichtaufgaben, deren Erfüllung nicht disponibel ist.

Es gibt eine Vielzahl von operativen und strategischen Controlling-Instrumenten, von denen einige auch in der Gemeinde Kreuzau Verwendung finden. Als Beispiel seien selbstverständliche Dinge wie die kurzfristige Haushaltsplanung, die mittelfristige Planung (HSK), die Kapitalflussrechnung und das Kennzahlenset genannt. Ein umfassender Soll-Ist-Vergleich ist zu jedem Zeitpunkt abrufbar. Jede Abteilung führt im Rahmen ihrer Budgetverantwortung in allen Haushaltsphasen (Planung, Durchführung, Kontrolle) Elemente des Controllings durch, um für ihre speziellen Aufgaben das bestmögliche Ergebnis zu erzielen. So ist beispielsweise der Baudezernent jederzeit über den finanziellen Stand seiner Maßnahmen informiert und kann ebenfalls eine  zuverlässige Prognose geben, ob die einzelnen Projekte im Rahmen ihrer Ansätze durchführbar sind. Dies beinhaltet auch, dass er Abweichungen frühzeitig mitteilt und gegebenenfalls ananderer Stelle gegensteuert. Dies gilt gleichermaßen für die anderen Abteilungen. Ein weiteres Beispiel ist das Liquiditätsmanagement. Der Abteilung Finanzen werden sämtliche größerenanstehenden Ein- und Auszahlungen durch die Fachabteilungen rechtzeitig mitgeteilt. Somit wird sichergestellt, dass die erforderlichen liquiden Mittel verfügbar sind bzw. durch günstige kurzfristige Kredite bereitgestellt werden. Eine kostspielige Kontoüberschreitung findet so gut wie nie statt. Andererseits werden die Kredite so kurz aufgenommen, dass eine Rückzahlung erfolgt, sobald wieder Eingänge planmäßig avisiert sind. Voraussetzung ist eine gut und zuverlässig funktionierende abteilungsübergreifende Zusammenarbeit.

Was allerdings fehlt, ist ein systematisches Verfahren, das die bestehenden Elemente zusammenführt und noch fehlende Controlling-Bausteine ergänzt. Auch in einer kleinen Gemeinde wie Kreuzau kann ein sinnvolles und systematisches Controlling nicht nebenher mit bestehendem Personal durchgeführt werden. Man braucht eine/n entsprechend ausgebildete/n Mitarbeiter/in mit betriebswirtschaftlicher Ausbildung. Die Abteilung Finanzen verfügt über einen Betriebswirt, der in seiner früheren Tätigkeit auch bereits Controlling betrieben hat. Falls er derartige Aufgaben übernimmt, muss er allerdings im gleichen Umfang von seiner bisherigen Tätigkeit entlastet werden. Denkbar ist auch, das Controlling in einer Stelle anzugliedern, die dem unmittelbar (Referent, BM-Büro). Unstrittig ist jedoch, dass ein effektives Controlling egal in welcher Organisationseinheit nicht nebenher erfolgen kann, sondern erheblichen zusätzlichen Zeitaufwand und somit Kosten verursacht und von entsprechend qualifiziertem Personal zu leisten ist. Angesichts des im Haushaltssicherungskonzept verankerten Personalkonsolidierungskurses, des durch den geringen Anteil freiwilliger Leistungen stark eingeschränkten Entscheidungsspielraums und der nach wie vor fehlenden Zieldefinitionen ist die Verwaltung der Auffassung, dass der Aufbau eines effektiven Controllings in der derzeitigen personellen und finanziellen Ausgangssituation für die Gemeinde Kreuzau nicht zu leisten ist.

Ich darf um Kenntnisnahme bitten.”

Der Bürgermeister

Die Verwaltungsmitteilung stellt die Aufgaben des Controlling im Grundsatz zwar richtig dar, überschätzt jedoch die Möglichkeiten, ein effektives Controlling ohne einen Controller als zentralen Verantwortlichen zu praktizieren völlig. Was fehlt ist ein Ansprechpartner, der das Verwaltungshandeln ständig aus wirtschaftlicher Sicht steuert und durchleuchtet.

In der Sitzung des Hauptausschusses vom 27.11.2012 wurde die Mitteilung von den Sprechern der Ratsfraktionen, dem Bürgermeister und dem Dezernenten für das Dezernat II ausweislich der Sitzungsniederschrift lebhaft diskutiert:

AM Prof. Meurer teilt mit, dass die FDP-Fraktion mit dem Ergebnis der Mitteilung nicht einverstanden sei. Kreuzau brauche ein Controlling, auch die Gemeindeprüfungsanstalt fordere im Prüfbericht ein Controlling/Berichtswesen. Bei der Einstellung von Herrn Althoff war vorgesehen, dass dieser auch das Controlling durchführte, wenn auch nur mit einem geringen Stellenanteil.

Bedingt durch die Umstellung auf die neue Haushaltssystematik war es dem Vorgenannten jedoch bisher nicht möglich, dieser Aufgabe nachzukommen. Da die Umstellung aber nun vollzogen sei, müssten nun Zeitanteile frei sein, das Controlling zu übernehmen. Seines Erachtens müsste es organisatorisch möglich sein eine Entlastungskraft für Herrn Althoff in der Abteilung Finanzen einzusetzen, damit das Controlling endlich durchgeführt werden könne. Er plädiere für die Umsetzung zum nächstmöglichen Zeitpunkt.

BM Ramm erwidert hierauf, dass nicht vergessen werden sollte, dass Kreuzau nach wie vor HSKKommune sei, die zwei ausgeschriebenen Stellen in der Abteilung 2.3.müssen Pflichtaufgaben zur Erfüllung nach Weisung wahrnehmen und seien zwingend notwendig. Die Gemeinde dürfe nicht mehr ausgeben als unbedingt nötig sei, insoweit sei oberstes Ziel das Sparen, dies werde sich auch in den nächsten Jahren nicht ändern. Im Hinblick auf die nicht vorhandenen Spielräume könnten aus seiner Sicht keine Ergebnisse vom Controller erarbeitet werden, die nicht bereits bekannt seien. Eine Kosten-Nutzenanalyse wäre insoweit negativ für die Gemeinde.

AM Eßer teilt mit, dass er den Argumenten der beiden Vorredner etwas abgewinnen könne, bei HSK-Kommunen habe die Gemeinde das Heft des Handelns nicht mehr in der Hand. Aus der vorliegenden Mitteilung wäre auch zu ersehen, dass bereits Controlling in Kreuzau betrieben würde. Auch gibt er zu bedenken, dass der Handlungsspielraum der Gemeinde durch ein eingesetztes Controlling nicht größer werde. Erst wenn Kreuzau einen ausgeglichenen Haushalt habe, wäre Controlling eine ernstzunehmende Option und sollte dann auch durchgeführt werden.

AM Heidbüchel unterstützt die Aussagen von AM Prof. Meurer, auch er vertritt die Auffassung, dass das Controlling unbedingt zu den Aufgaben der Gemeinde gehöre. Aus seiner Sicht gäbe es genug Handlungsfelder für Controlling. Er sei nicht damit einverstanden, wie verfahren werden solle.

BM Ramm erwidert, dass die Verwaltung die Aufgabe habe, den Rat zu entlasten. Seit vielen Jahren werde bereits der Weg des Sparens beschritten, er sehe nicht den Sinn der Installation eines Controllers in der Gemeinde Kreuzau zum jetzigen Zeitpunkt.

AM Hohn unterstützt die Aussage von AM Prof. Meurer und AM Heidbüchel. Aus ihrer Sicht sei die Einsetzung eines Controllers ein Instrument für das Sparen.

BM Ramm erläutert nochmals, dass sich durch die Einsetzung eines Controllers keine neuen Erkenntnisse ergeben werden. Bereits heute werde jede Möglichkeit des Sparens genutzt, nur das Unumgängliche würde geleistet. Aufgrund der Stelleneinsparungen und der vorhandenen Arbeit gäbe es keine personellen Spielräume in der Verwaltung mehr.

AM Prof. Meurer teilt mit, dass die Politik keine Ziele vorgeben könne, auch hier sei er der Meinung, dass ein Controller eine Aufgabenkritik vornehmen müsse, es gäbe hier viele Arbeitsfelder.

Frau Hohn vertritt die Auffassung, dass die Mitteilung als Vorlage zur Beratung gestellt werden sollte.

AM Eßer trägt vor, dass es jeder Fraktion unbenommen bleibe, im Rahmen der Haushaltsplanberatungen den Antrag zu stellen, ein Controlling einzuführen bzw. einen Controller einzustellen.

Aufgrund der gemachten Aussagen erläutert Herr Schmühl ausführlich, dass es keine personellen Möglichkeiten mit dem vorhandenen Personal gäbe, ein Controlling durchzuführen. Jedes Jahr werde dem Rat der Haushaltsplan nebst Begründung vorgelegt. Es sei selbstverständlich, dass jede Fachabteilung auf die vom Rat beschlossenen Haushaltsansätze achte. Desweiteren werden aus eigenem Antrieb alle Sparmöglichkeiten genutzt. Insoweit würde tatsächlich ein Controlling bei der Gemeindeverwaltung bereits heute betrieben. Für ihn stehe fest, dass die Einstellung eines Controllers keinen positiven Nutzen für die Gemeinde nach sich ziehen würde.”

Aus dem Verlauf der Diskussion wurde deutlich, dass der Bürgermeister, und insbesondere sein Baudezernent Controlling für die Gemeindeverwaltung aus nicht immer einsichtigen Gründen ablehnen. Diese negative Haltung wird bisher lediglich durch die CDU unterstützt. Die anderen Parteien stimmen dem Vorstoß der FDP bislang uneingeschränkt zu.

Wir werden den Vorschlag des Fraktionsvorsitzenden der CDU Ingo Eßer aufgreifen und einen entsprechenden Antrag in die Haushaltsberatungen für 2013 einbringen.