Haushaltsrede 2012

19 April 2012

Rede des Vorsitzenden der FDP-Fraktion Egbert Braks zum Entwurf der Haushaltssatzung der Gemeinde Kreuzau für das Haushaltsjahr 2012

 

Herr Bürgermeister,

sehr geehrte Damen und Herren,

 

Auch für 2012 werden wir erneut mit einem defizitären Haushaltsentwurf konfrontiert. Ausweislich Ihrer Haushaltsrede, sehr geehrter Herr Bürgermeister ist fast alles wie immer. Bund und Land sind schuld am Defizit, die Gemeinde spart, wo sie kann, mehr ist nicht drin. Ob das wirklich so stimmt, muss aus unserer Sicht mehr denn je hinterfragt werden.

 

Neu ist allerdings, dass Sie sofort auf den Zug des Landesgesetzgebers aufspringen, und dem Nothaushaltsrecht dadurch zu entkommen versuchen, indem Sie binnen der neuen 10-Jahresfrist ein genehmigungsfähiges Haushaltssicherungskonzept präsentieren. Hierzu zwei Bemerkungen:

 

Erstens: Falls Ihnen der Haushaltsausgleich in acht bis zehn Jahren wirklich gelingen sollte, sehen Ihre Bilanzen in den Planjahren erbärmlich aus. Wie Sie selbst festgestellt haben, sinkt das Eigenkapital der Gemeinde bis zum Ende des Planungszeitraumes von 40 Mio € auf unter 10 Mio €. Sie haben allerdings nicht erwähnt, dass uns auch das Gemeindevermögen von bisher stolzen 132 Mio € auf unter 100 Mio € wie Butter in der Sonne wegschmelzen wird. Hinzu kommt, dass Sie das verbliebene Anlagevermögen zu fast einem Drittel kurzfristig finanzieren wollen. Dies gilt seriösen Kaufleuten im allgemeinen als bilanzpolitische Todsünde.

 

Zweitens: Wenn wir uns anschauen, auf welche Weise Sie den Haushaltsausgleich bis zum Ende des Jahrzehnts bewirken wollen, können wir uns nur wundern. Ihre Rechnung scheint einem Märchen entnommen zu sein. Man erhöhe die jährlichen Steuererträge bis zum Ende der Planperiode um fast 70 Prozent, und halte dabei die jährlichen Aufwendungen der Gemeinde mehr oder weniger konstant. Simsalabim: Fertig ist der Haushaltsausgleich. Wie wollen Sie mit Verlaub den enormen Zuwachs an Erträgen aus Steuern und Abgaben generieren? Woher soll z.B. eine Steigerung der Gewerbesteuereinnahmen herrühren, wenn wir die heimische Industrie (nicht ohne Grund) an einer wie auch immer gearteten Ausdehnung hindern bzw. wenn uns wie in Stockheim ganze Betriebe ausfallen? Denken Sie ernsthaft daran, mit dem Einsatz von Windrädern im Gemeindegebiet die fehlenden Millionen hereinzuholen?? Oder warten Sie etwa darauf, dass wir von der FDP möglicherweise nicht mehr im Rat vertreten sein könnten um dann ungehindert die Bürger in Form von höheren Abgaben zur Kasse zu bitten? Ähnliche Zweifel haben wir für Ihre Ansätze auf der Aufwandsseite. Blenden sie Inflation bei Sachaufwendungen, Löhnen und Gehältern wirklich völlig aus. Meinen sie tatsächlich, dass die Zinsen immer noch weiter sinken werden? Glauben Sie wirklich, dass Sie die Infrastruktur und den Straßenzustand weitere 10 Jahre mit jeweils kümmerlichen 200.000 € auf einem akzeptablen Niveau werden halten können?

 

Kurzum, man muss bei Ihrer Rechnung nicht sehr genau hinsehen, um zu erkennen, dass Ihre Prognosen und Annahmen auf tönernen Füßen stehen. Wer es gut mit Ihnen meint und Ihnen die mit dem Haushaltssicherungskonzept verbundene größere Entscheidungsfreiheit gönnt, möchte Ihnen zurufen: Viel Glück bei den Aufsichtsbehörden im Genehmigungsverfahren!

 

Auf einem ganz anderen Blatt steht, wie es wirklich um die von Ihnen mehrfach beschworene eigene Sparbereitschaft bestellt ist? Leider haben wir Indizien dafür, dass Ihre zu Beginn dieser Wahlperiode durchaus erkennbare Bereitschaft konstruktiv auf eine sparsame und wirtschaftliche Haushaltsführung hinzuwirken immer mehr nachlässt und teilweise sogar ins Gegenteil umschlägt:

 

Zunächst kommt Ihnen entgegen, dass Sie durch das Zusammenwirken mehrerer Umstände mehr oder weniger unkontrolliert wirtschaften können. Der Rechnungsprüfungsausschuss hat zwar zu überprüfen, ob der Jahresabschluss ein den tatsächlichen Verhältnissen der Gemeinde entsprechendes Abbild liefert. Diese Prüfung ist durch die Beiziehung eines Wirtschaftsprüfers zu hundert Prozent gewährleistet. Darum geht es aber nicht. Was weder Rechnungsprüfungsausschuss noch Wirtschaftsprüfer überprüfen können und dürfen sind Fragen, ob und wie der Haushaltsplan eingehalten worden ist oder ob die Verwaltung zweckmäßig und wirtschaftlich gearbeitet hat. Dies wären Aufgaben der örtlichen Rechnungsprüfung. Wir haben aber weder ein eigenes Rechnungsprüfungsamt noch bedienen wir uns des Örtlichen Rechnungsprüfung des Kreises. Beides wäre uns möglich, kostet aber bekanntlich Geld, das wir ja nicht haben. Sozusagen als Ersatz werden wir alle vier Jahre überörtlich durch die Gemeindeprüfungsanstalt des Landes geprüft, eine Prüfung, die ebenfalls viel Geld kostet und nicht nur von Ihnen Herr Bürgermeister sehr kritisch gesehen wird. Tatsache ist somit, dass die Verwaltung in den restlichen drei Jahren, was die Fragen der Wirtschaftlichkeit betrifft, mehr oder weniger unkontrolliert durch die Lande segelt.

 

Es ist natürlich ohnehin die Frage, welchen Nutzen eine zusätzliche nachträgliche Kontrolle überhaupt bringen würde. Wenn man bedenkt, dass wir Ihnen heute, also im April des Jahres 2012 Entlastung für den Jahresabschluss 2009 erteilt haben, bringt das im Hinblick auf eine mögliche Steuerungswirkung für das laufende und künftige Geschäft wirklich nicht mehr viel.

 

Und da sind wir beim springenden Punkt unserer Kritik. Was wir brauchen ist nicht unbedingt mehr nachträgliche Kontrolle der abgelaufenen Verwaltungsabläufe sondern mehr aktive betriebswirtschaftliche Steuerung durch einen Controller.

 

Und da waren wir auch schon wesentlich weiter. In der abgelaufenen Wahlperiode ist bereits auch auf unser Betreiben hin ein Mitarbeiter in der Kämmerei u.a. als Controller eingestellt worden. Wir haben akzeptiert, dass dieser Mitarbeiter im wesentlichen damit beschäftigt war, für Kreuzau das NKF einzuführen. Insofern blieb für betriebswirtschaftliche Überlegungen naturgemäß wenig Zeit. Wir hatten zu Beginn dieser Wahlperiode sogar den Eindruck, als wären Sie, sehr geehrter Herr Bürgermeister selbst an betriebswirtschaftlichen Fragestellungen interessiert, als Sie im interfraktionellen Gepräch den Vorschlag einbrachten, den Haushalt mehr an Zielen und Kennzahlen zu orientieren. Was dabei herausgekommen ist, kann man im Haushalt 2012 an den rudimentären, nicht sinvoll meßbaren Ziel- und Kennzahlenvorschlägen für die einzelnen Produkte besichtigen.

 

Was uns allerdings wirklich schockiert hat, ist die Vorlage der neuen Organisationsstruktur für die Verwaltung Ende 2011. Durch Einziehung einer neuen Dezernatsebene ist der Kämmerer unversehens von der zweiten in die dritte Hierarchiestufe gerutscht und nun dem Leiter für Kultur, Schule, Soziales und Sport unterstellt. Der für das Controlling vorgesehene Mitarbeiter befände sich jetzt in der vierten Hierarchiestufe. Allerdings taucht der Begriff des Controlling bei ihm in seiner Aufgabenbeschreibung überhaupt nicht mehr auf

 

Wenn man daraufhin das ganze Organigramm überprüft, muss man feststellen, dass auch sonst der Begriff des Controlling offensichtlich eliminiert worden ist. Auf mehrfaches Nachfragen im Rat und Rechnungsprüfungsausschuss wurde uns bedeutet, dass das Controlling künftig dem Büro des Bürgermeisters zugeordnet wäre. Wer es allerdings dort machen soll, wer Ansprechpartner ist: Leider Fehlanzeige. Alles wäre noch im Aufbau, so die hinhaltenden Ausführung von Ihrer Seite.

 

Sicherlich wären beide Varianten, ein Controlling zu betreiben möglich. Eigentlich ist der Kämmerer der geborene Controller, weil er Herr der Zahlen ist, die ein Controller in einer Stabsstelle erst noch beschaffen und interpretieren muss. Andererseits kann ein Controller, der dem Bürgermeisterbüro zugeordnet ist, ebenfalls sinnvoll arbeiten. Allerdings nur dann, wenn er die volle Rückendeckung des Verwaltungschefs hat und dieser selbst und wirklich an sinnvollen Ergebnissen interessiert ist.

 

Ob in der Linie oder als Stabsstelle. Wir brauchen jemanden, der ständig über betriebswirtschaftliche Fragestellungen nachdenkt, der Abläufe der laufenden Verwaltung unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten durchleuchtet, der laufend untersucht, was sich bei anderen Kommunen tut, der der Verwaltungsführung und dem Rat Vorschläge unterbreitet, was geändert werden könnte.

 

Es kann nicht sein, dass die Parteien, wie zuletzt durch Hinweise auf das Sponsoringkonzept in Wesseling – oder das Cloud-Computing bei der Stadt Bergheim, selbst Ideen einbringen müssen, weil aus der Verwaltung in dieser Beziehung nichts kommt.

 

Sehr geehrter Herr Bürgermeister. Sie werden sagen, was geht das Ganze den Rat oder gar die FDP an. Wie ich als Verwaltungschef meine Verwaltung organisiere unterliegt meiner Organisationsgewalt und hat sonst niemanden zu interessieren.

 

Prinzipiell mögen Sie da Recht haben. Andererseits fragen Sie den Rat auch, wenn es um Gleichstellungsbeauftragte, Generationenbeauftragte und Feuerwehrbeauftragte geht. Für alles, so auch für Kunstrasenplätze und die Renovierung des Rathauses scheint im Augenblick im Licht der neuen, in Aussicht stehenden Freiheit Geld da zu sein. Nur wenn es um Haushaltskonsolidierung, Vermeidung neuer Schulden und wirtschaftliches Verhalten geht, dann mauern Sie, obwohl Sie offiziell das Gegenteil behaupten.

 

Wie gesagt, wir als FDP können Sie nicht zwingen. Das einzige Mittel, das wir haben, ist die Ablehnung des Haushaltes insgesamt. Wenn wir in diesem Jahr auch noch zustimmen werden, ist für uns spätestens der Haushalt 2013 „Deadline“. Sie haben ab jetzt ein Jahr Zeit, um nicht nur formal sondern auch inhaltlich eine zufriedenstellende Regelung zu finden, – eine Regelung, die dem Rat den Eindruck vermittelt, dass es in der Verwaltung jemanden gibt, der ständig und professionell innovatives, sparsames und wirtschaftliches Verhalten fördert.

 

Ich bitte alle anderen im Rat vertretenen Parteien, uns hierbei zu unterstützen.

 

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit