Haushaltsrede 2017

29 Dezember 2016

Rede des Vorsitzenden der FDP-Fraktion Egbert Braks zum Entwurf der Haushaltssatzung der Gemeinde Kreuzau für das Haushaltsjahr 2017

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

sehr geehrter Herr Bürgermeister Eßer,

 

es ist und war in jedem der letzten Jahre eine immer wieder spannende Frage, wie hat es der Kämmerer geschafft, die wie in Stein gemeißelte Forderung einzuhalten, dass wir im Rahmen des Haushaltssicherungskonzeptes im Jahr 2021 mindestens die schwarze Null ausweisen müssen, d.h. dass der Haushalt spätestens in 2021 hinsichtlich der Differenz von Erträgen und Aufwendungen ausgeglichen sein muss.

 

Wie schwierig das sicherlich diesmal war, wird deutlich, wenn man die Planung für den Haushalt 2017 mit der des Vorjahres vergleicht. Da sind für die kumulierten Ansätze der Jahre 2015 bis 2021 im Planungswerk 2017 sage und schreibe 17,3 Mio EURO mehr an „ordentlichen Aufwendungen“ einzuplanen als im Planungswerk für den Haushalt 2016 anzusetzen waren. Von diesen 17,3 Mio entfallen 12,5 Mio auf die Erhöhung der Transferaufwendungen, die im Wesentlichen auf die Umlagen des Kreises zurückzuführen sind.

 

Wie also konnte dieses gewaltige Loch gestopft werden? Erträge erhöhen oder Aufwendungen reduzieren oder eine Mischung aus Beidem? Man hat seitens der Verwaltung offenbar als einzig gangbaren Weg die intensive Befassung mit der Ertragsseite angesehen. Der in anderen Kommunen diskutierte Ausweg, den Hebesatz für die Grundsteuer B über das bereits im Vorjahr vereinbarte Maß in teils astronomische Höhen anzuheben, verbietet sich, wie der Bürgermeister in seinem Vermerk über das Haushaltssicherungskonzeptes selbst einräumt, „nicht zuletzt auch wegen der Ergebnisse der durchgeführten Bürgerbefragung“.

 

Was nicht über eine erhöhte Leistungspauschale aus Landesmitteln im Asylbe reich aufgefangen werden konnte, musste also anderweitig planerisch finanziert werden. Die Hunde- und Vergnügungssteuer wurden erhöht, bringen jedoch nicht viel ein. Es blieb, einfach ausgedrückt, nur das Prinzip „Hoffnung“. Genau diese Ertragskomponenten, wie die Gewerbesteuer und die Gemeindeanteile an der Einkommen- und Umsatzsteuer, die kaum seriös in ihrer Höhe vorauszusagen sind, wurden mit Blick auf die gute Konjunkturlage üppig angehoben. Steuern und ähnliche Abgaben werden im Haushaltsvergleich 2017 zu 2016 für die Jahre 2015 bis 2021 um 11,3 Mio EURO höher angesetzt. Man kann wirklich nur hoffen, dass diese sehr optimistische Prognose von der Realität bestätigt wird und dass die Zinsen insbesondere für die aufgenommenen Kassenkredite nicht steigen werden. Sonst wird die gesamte Planung zur Makulatur.

 

Was wäre die Alternative zum ertragsseitigen „Prinzip Hoffnung“ gewesen? Man hätte mehr an die Reduzierung der Aufwendungen denken können. Doch muss jedem hier im Raum klar sein, dass dies der ungleich schwierigere Weg ist, den Haushaltsausgleich zu erreichen. Zunächst besteht der überwiegende Teil der Aufwendungen aus Pflichtaufwendungen, nur ein geringer Teil wird freiwillig geleistet. Dies darf uns allerdings nicht hindern, konsequent alle Möglichkeiten auszuloten, wo noch Einsparpotentiale gegeben sein könnten und diese auch mit Augenmaß anzuwenden.

 

Wir haben zu diesem Zweck u.a. den Sanierungs- und Entwicklungsausschuss implementiert. Doch sind die Erfolge dieses Ausschusses bisher durchaus noch überschaubar. In den vergangenen Sitzungen wurden zwar systematisch verschiedene Produktbereiche des Haushalts durchgesehen. Dabei ließ sich trefflich darüber streiten, ob bestimmte Aufwandspositionen etwas zu hoch oder zu niedrig angesetzt worden sind. Herausgekommen ist dadurch nichts oder wenig.

 

Dabei hat sich allerdings für uns herauskristallisiert, dass wir angesichts der Höhe der erforderlichen Einsparbemühungen den Mut haben müssen, wirklich an die Strukturen heranzugehen. Das heißt, wir müssen hinterfragen, ob bestimmte Angebote in unserem Leistungsspektrum weiterhin vorgehalten werden müssen oder ob es realistische Möglichkeiten der quantitativen und/oder qualitativen Reduzierung des Angebots oder eines gemeinsamen Angebots der Leistung mit umliegenden Kommunen im Wege der interkommunalen Zusammenarbeit gibt.

 

Hierzu haben wir weitere Überlegungen angestellt.

 

Zunächst wurde im Sanierungs- und Entwicklungsausschuss die Idee geboren, dass sich die Leistungen unseres Standesamtes sehr gut auch in Kooperation mit einem oder mehreren Standesämter umliegender Kommunen erbringen ließen.

 

An dieser Stelle muss ich einmal grundsätzlich werden: Es betrifft die Art der Zusammenarbeit zwischen Rat und Verwaltung. Die Mehrheitsfraktionen SPD, Bündnis90/Die Grünen und die FDP haben die Idee aufgegriffen und erste Überlegungen zur Realisierung angestellt. Die erste Reaktion der Verwaltung war: „Das geht rein rechtlich nicht“. Daraufhin haben die Mehrheitsfraktionen am 08.05.2016 einen Antrag formuliert, nach dem die Verwaltung beauftragt wird, bei den einzelnen Nachbarkommunen anzufragen, ob sie bereit wären, im Rahmen einer interkommunalen Zusammenarbeit die Zusammenlegung ihres Standesamtsbezirks mit dem Standesamtsbezirk der Gemeinde Kreuzau zu erwägen und ggf. die Schaffung der rechtlichen Voraussetzungen hierzu bei den zuständigen Behörden gemeinsam zu betreiben. In der Begründung wurde nachgewiesen, dass die Zusammenlegung von Standesamtsbezirken sehr wohl rechtlich möglich ist, auf diverse Beispiele erfolgter und erfolgreicher Zusammenlegungen wurde ausdrücklich hingewiesen.

In ihrer Verwaltungsvorlage 90/2016 vom 27.09.2016 nimmt die Verwaltung zunächst ihre falsche Behauptung zurück, dass die Zusammenlegung rechtlich nicht möglich sei. Dann aber wird ein Wust von Argumenten aufgeführt, die den Eindruck erwecken sollen, dass eine derartige Erkundung der Kooperationsbereitschaft von Nachbarkommunen nicht geboten und der Antrag der Mehrheitskommunen folglich abzulehnen sei. Da wird z.B. darauf hingewiesen, dass aufgrund der derzeitigen Personalstruktur nicht damit zu rechnen wäre, dass Mitarbeiter des Standesamts Kreuzau innerhalb der nächsten 10 Jahre ausscheiden werden. Dabei bleibt aber völlig offen, ob nicht in den Nachbarkommunen Mitarbeiter kurz vor der Pensionierung stehen oder aus anderen Gründen aus dem aktiven Dienst ausscheiden werden.

 

Herr Bürgermeister, meine Damen und Herren. Wir wünschen uns keine Verwaltung, deren Bedenkenträger uns ständig einzureden versuchen, was, aus welchen Gründen nicht geht sondern wir erwarten, dass die Verwaltung konstruktiv und kreativ mit diesem Antrag umgeht. Nur wenn man mit den Entscheidungsträgern der anderen Kommunen spricht, kann ein gleichlautendes Interesse identifiziert und können eventuelle Gemeinsamkeiten ausgelotet werden. Es gibt vielfältige Möglichkeiten der Zusammenarbeit auf diesem Gebiet, gerade auch im Zusammenhang mit den auch in Kreuzau angedachten Möglichkeiten des E-Gouvernements.

 

Der Politik sind in diesem Fall die Hände gebunden. Es ist uns als Freizeitpolitikern nicht zuzumuten, abgesehen davon ob überhaupt rechtlich zulässig, selbst bei Nachbarkommunen offiziell in dieser Sache tätig zu werden. Wir können nur die Anstöße geben, handeln muss die Verwaltung. Dafür ist sie da und dafür wird sie bezahlt. Sollte sich am Ende herausstellen, dass keine der Nachbarkommunen Interesse an einer Kooperation im Bereich des Personenstandswesens hat, müsste man konzedieren, dass der Leidensdruck durch die angespannte finanzielle Situation bei den Kommunen im Kreise Düren immer noch nicht groß genug ist um strukturelle Veränderungen anzupacken.

 

Ein weiterer Punkt, der uns aus grundsätzlicher Sicht missfallen hat, ist die Art der Diskussion über die Bereitstellung von Fraktionsräumen im Rathaus bzw. Bürgerhaus. Es geht um die Vorlage 108/2016. Bekanntlich hat der Rat am 03.12.2015 die Verwaltung beauftragt, im Bürgerhaus ein „Fraktionsbüro“ zur dauerhaften Nutzung durch die im Rat der Gemeinde Kreuzau vertretenen Fraktionen einzurichten…Dabei wurde sie beauftragt, ein Konzept unter Einbeziehung der Musikschule zu entwickeln und dem Rat zur Beschlussfassung vorzulegen.

 

Ab diesem Zeitpunkt wurde es aus rechtlicher Sicht holprig. Am 25.08.2016, also acht Monate später, wurde in einem interfraktionellen Gespräch, das keine Rechtswirkung entfaltet, vereinbart, dass sich der Kulturausschuss mit der Angelegenheit befassen soll. In der Sitzung des Kulturausschusses vom 12.09.2016 wurde vom Vorsitzenden des Jugend- und Kulturfördervereins über die Nutzungssituation im Bürgerhaus berichtet. Dort wurde ausweislich der Niederschrift auch ein Raumbelegungsplan vorgelegt. Der Kulturausschuss hat dann mir nichts, dir nichts gemeinsam überlegt, dass eigentlich nicht ein, sondern vier Fraktionszimmer, also für jede Fraktion eines, sinnvoll seien. Zugleich hat der Kulturausschuss, obwohl er keinerlei Entscheidungskompetenz besitzt, die Verwaltung beauftragt, nunmehr nach vier Räumen zu suchen. Die Verwaltung hat daraufhin die vier Fraktionen angeschrieben, sie sollten die Anforderungen an ihr gewünschtes Fraktionszimmer beschreiben, ohne dabei abzuklären, ob sie überhaupt ein einzelnes Zimmer für ihre Fraktion wünschten.

 

Obwohl lediglich die SPD-Fraktion ausdrücklich auf die Zurverfügungstellung eines Zimmers bestanden hat, wurde von der Verwaltung mit der Vorlage 108/2016 vom 08.11.2016 abschließend so Stellung bezogen, dass weder im Bürgerhaus noch im Rathaus für jede Fraktion eigene Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt werden könnten. Nun kommt der Satz, der mich am meisten aufgeregt hat. Der Bürgermeister schreibt wörtlich: „Die Verwaltung sieht sich somit außer Stande, dem Wunsch auf Bereitstellung eigener Fraktionszimmer derzeit zu entsprechen.“ Hier wird ja wirklich so getan, als wäre die Verwaltung eine eigenständige Institution, der es freistünde, dem Auftrag des Rates zu entsprechen oder nicht. Die Verwaltung sollte laut Auftrag des Rates ein Konzept entwickeln, wie ein und nicht vier Fraktionszimmer bereitgestellt werden können.

 

Dann hat die Verwaltung nach fast elf Monaten eine rechtliche Überprüfung vorgenommen. Danach haben die Fraktionen nach einem Erlass des Innenministers NRW Anspruch auf eine generelle Mindestausstattung aus kommunalen Haushaltsmitteln. Dazu gehört in jedem Fall die Anmietung von Räumen einschließlich der Nebenkosten für die Fraktionsarbeit und die Fraktionsgeschäftsstelle. Der Innenminister schreibt dann ausdrücklich: „Die Gebietskörperschaft kann den Fraktionen auch Räume unentgeltlich zur Verfügung stellen. In einem solchen Fall entfällt für diese Zwecke eine entsprechende Bereitstellung von Geldmitteln.“

 

Das ist jetzt der entscheidende Punkt. Sie, Herr Bürgermeister, unterbreiten dem Rat folgenden Beschlussvorschlag: „Wegen fehlender Raumkapazitäten nimmt der Rat zur Kenntnis, dass verwaltungsseitig keine Räume unentgeltlich zur Verfügung gestellt werden können. Den einzelnen Fraktionen wird anheim gestellt, Räume anzumieten.“ Meine Damen und Herren. Hier ist zu fragen: Wer bestimmt denn hier, ob Räume verwaltungsseitig zur Verfügung gestellt werden. Es ist im Zweifel immer noch der Rat als dem oberstes Entscheidungsorgan der Gemeinde, der darüber entscheidet, und zwar immer dann, wenn er sich für diesen Fall die Entscheidung vorbehält. Falls notwendig müsste ggf. § 13 Abs. 5 der Hauptsatzung entsprechend geändert werden.

 

Herr Bürgermeister, meine Damen und Herren. Ich weiß gar nicht, ob wir diese Angelegenheit wirklich so eng juristisch behandeln sollten. Am besten wäre es, wir schauen uns die Raumbelegungen im Bürger- und Rathaus in der nächsten Sitzung des Sanierungs- und Entwicklungsausschusses noch einmal an und überlegen, ob es nicht doch eine elegante Lösung gibt, ein oder mehrere Zimmer für Zwecke Fraktionsgeschäftsführung zur Verfügung zu stellen.

 

Bei der Gelegenheit ließe sich auch darüber sprechen, ob die gegenwärtige Nutzung des Bürgerhauses, d.h. auch die kostenlose Bereitstellung von Räumen an einzelne Institutionen unbedingt den ursprünglich damit verbundenen Zielen entspricht. Auch die Thematik des Außenstättenbedarfsplans und eine nochmalige Behandlung des Bauhofes im Zusammenhang mit den Möglichkeiten einer interkommunalen Kooperation sollten demnächst auf der Agenda des Sanierungs- und Entwicklungsausschusses stehen.

 

Ich danke Ihnen für Ihre geschätzte Aufmerksamkeit.