Haushaltsrede 2015

22 Februar 2015

Sehr geehrte Damen und Herren,

sehr geehrter Herr Bürgermeister Eßer,

 

nach der mittlerweile zweistelligen Zahl von Haushaltsreden, die ich bisher im Rat der Großgemeinde Kreuzau halten durfte, ist diese die erste unter dem Vorzeichen geänderter Mehrheitsverhältnisse im Rat. Während es bisher für uns als eine der Oppositionsfraktionen relativ einfach war, Dinge und Vorgänge beim Namen zu nennen, die wir in der Verwaltung und den damit verbundenen Entscheidungen der sie tragenden Mehrheitspartei nicht so optimal fanden, ist uns der Zuwachs an Verantwortung für die anstehenden Entscheidungen für unser Gemeinwesen durchaus bewusst und wir werden versuchen, uns auch unter den neuen Vorzeichen an unseren bewährten Wahlspruch zu halten: „Sagen was ist und machen was geht“.

 

Kommen wir gleich zum Haushalt, der ja auch im laufenden Jahr unter den Einschränkungen des Haushaltssicherungskonzeptes (HSK) zu betrachten ist.

 

Ja, wir haben in der Ratssitzung vom 09.12.2014 mit dazu beigetragen, dass die von der Verwaltung eingeplante Erhöhung der Realsteuersätze für 2015 nicht vorgenommen wird. Allerdings konnten und können wir das vom Kämmerer an die Wand gemalte Schreckensszenario, dass uns bis 2025 Steuereinnahmen von rd. 2,4 Mio Euro fehlen, nicht nachvollziehen. Es geht nicht, wie von der Verwaltung unterstellt, darum, sämtliche im HSK eingeplanten Steuererhöhungen jeweils um ein Jahr zu verschieben, sondern es geht ausschließlich um das Kalenderjahr 2015, für das uns nach dem Ratsbeschluss 264.000 Euro an Steuereinnahmen fehlen. Würde diese Steuererhöhung in 2016 nachgeholt und die Erhöhungen der folgenden Jahre wie eingeplant durchgeführt, müsste auch aus Sicht der Verwaltung alles wieder im Lot sein.

 

Insofern hat uns auch die Behauptung des Kämmerers erstaunt, dass die Kommunalaufsicht das HSK wegen des Verzichts auf die Steuererhöhung nicht akzeptieren könnte. Bekanntlich muss für das Zieljahr 2021 die „schwarze Null“ stehen. Gemäß dem in der Sitzung vom 09.12.2014 vorliegenden HSK Ergebnisplan war aber nicht nur die schwarze Null sondern ein Überschuss von 1.086.870 Euro eingeplant. Fällt die Steuererhöhung für 2015 aus, beträgt der geplante Überschuss immer noch 822.870 Euro. Wie wir erfahren haben, ist die Planung ständig im Fluss und nach neuester Rechnung beträgt der Überschuss im Zieljahr nur noch rd. 420.000. Doch auch dieser abgeschmolzene Betrag lässt  die Aufforderung des Bürgermeisters an die Fraktionen, Vorschläge einzureichen, mit denen die gesamte Summe der gestrichenen Steuererhöhungen von 246.000 Euro durch entsprechende Ausgabenkürzungen zu kompensieren seien, unnötig und in Anbetracht der Kürze der Zeit über den Jahreswechsel und Karneval hinaus schon als eine kleine Zumutung erscheinen.

 

Gleichwohl haben sich haben sich alle Fraktionen an die Arbeit gemacht und insgesamt beachtliche Ergebnisse erzielt. Wenn nur die bezifferbaren und konkreten Streichungsvorschläge für den Ergebnishaushalt 2015 betrachtet werden, schlägt die CDU-Fraktion nach unserer Rechnung rd. 112.000 Euro und die Fraktionen von SPD, Bündnis90/Die Grünen und FDP rd. 213.000 Euro zur Kürzung vor. Damit würden die fehlenden Steuereinnahmen von 246.000 Euro durch Streichungen von insgesamt 325.000 Euro sogar überkompensiert. Bei dieser Rechnung muss allerdings bedacht werden, dass derzeit noch ungeklärt ist, wie mit den 100.000 Euro für die Brandschutzmaßnahmen der Großsporthalle zu verfahren ist, d.h. ist der Betrag als Investitionsmaßnahme oder sofort ergebniswirksam als Erhaltungsaufwand anzusetzen? Außerdem betreffen viele der vorgeschlagenen Kürzungen Projekte, die aus dem Topf der Schulpauschale finanziert werden.

 

Herr Bürgermeister, meine Damen und Herren, gestatten Sie mir nun einige grundsätzliche Bemerkungen. So wie in diesem Jahr kann es im Umgang mit der Haushaltsplanung nicht weitergehen. Viele der vorliegenden Streichungen sind nur dadurch zustande gekommen, dass die Fraktionen bei einigen Kostenstellen die offensichtlich zu hohen Ansätze gestutzt haben, und dass Mitglieder des Bau- und Planungsausschusses die von der Verwaltung geplanten Projekte anlässlich einer zeitaufwändigen Ortsbesichtigung persönlich in Augenschein genommen und dabei festgestellt haben, dass viele Ansätze der Verwaltung schlicht unnötig sind. In anderen Fällen ist ein Rückverweis an die Fachausschüsse, insbesondere auch an den Sanierungs- und Entwicklungsausschuss erforderlich. Insgesamt hatte die Prozedur viel mit dem berühmt-berüchtigten Stochern im Nebel zu tuen.

 

Die Frage ist, wie können die Arbeiten am Haushalt im Zusammenwirken von Politik und Verwaltung systematischer und damit sowohl effektiver als effizienter gestaltet werden?

 

Zunächst ist zu unterscheiden, ob die kostenverursachenden Aktivitäten der Verwaltung im Verhältnis zur Bürgerschaft Außenwirkung entfalten oder nicht.

 

Den Fall, dass eine Außenwirkung besteht, dass also Bürger und Bürgerinnen von Maßnahmen der Verwaltung, z. B. als Nutzer von Dienstleistungen oder Empfänger von Zuschüssen unmittelbar betroffen sind, möchte ich an dieser Stelle ausklammern. Hier besteht ja unser Wunsch, im Wege einer Bürgerbefragung Aufschlüsse über die Präferenzen der Bürgerschaft hinsichtlich der Belastung durch Steuerzahlungen einerseits oder durch die Kürzung von Dienstleistungen andererseits zu erhalten. Über die Durchführung und endgültigen Ausgestaltung einer solchen Fragebogenaktion wird der Rat demnächst zu entscheiden haben.

 

Ich möchte mich an dieser Stelle mehr mit solchen Aktivitäten beschäftigen, die verwaltungsintern ablaufen, die also nichts mit freiwilligen Leistungen der Gemeinde zu tun haben.

 

Das Problem ist, dass der Rat als oberstes Entscheidungsgremium der Gemeinde nicht in die internen Verwaltungsvorgänge eingebunden ist. Er sieht zwar teilweise die Ergebnisse, nicht aber wie sie zustande gekommen sind. Zur Verbesserung dieser Situation halten wir drei Lösungsansätze für realisierbar.

 

Besonders vielversprechend erscheint uns erstens die künftige Arbeit des Sanierungs- und Entwicklungsausschusses. Auf Vorschlag von Herrn Kollegen Heidbüchel hat sich der Ausschuss darauf verständigt, künftig in jeder Sitzung, unabhängig davon, ob Haushaltsberatungen anstehen oder nicht, systematisch jeweils einen Produktbereich einer ausgiebigen Analyse zu unterziehen. An diesen Sitzungen  sollten die jeweils verantwortlichen Mitarbeiter teilnehmen und über ihr Arbeitsgebiet Rede und Antwort stehen. Neben einer generell durchzuführenden Aufgabenkritik werden bereits vorliegende Erkenntnisse der Gemeindeprüfungsanstalt und die daraufhin von der Verwaltung getroffenen Maßnahmen ebenso eine Rolle spielen, wie die einzelnen Haushaltsansätze im Hinblick auf Notwendigkeit und Höhe durchgesprochen werden sollten.

 

Einen zweiten Ansatz sehen wir in dem Antrag der CDU vom 05.02.2015, in dem detaillierte Produktbeschreibungen und eindeutig operationalisierte, d.h. messbare Ziele und Kennziffern gefordert werden. Nur wenn messbare Ziele und daraus entsprechend abgeleitete Kennziffern vorliegen, kann auch von außen kontrolliert werden, ob und wie die Ziele erreicht worden sind. Ähnliches habe ich bereits in meiner Haushaltsrede für 2008 formuliert, nachzulesen unter www.fdpkreuzau.de. Insofern freut es mich, dass sich die CDU mit 7-jähriger Verzögerung unserem damaligen Vorschlag angeschlossen hat. Ob das auch mit dem Wechsel an der Verwaltungsspitze zusammenhängt, vermag ich nicht zu beurteilen. Versuche, für die Produkte präzise Ziele und messbare Kennzahlen zu formulieren, sind auch in 2009 ansatzweise im sog. Sanierungsbeirat unternommen worden. Doch der damalige Kämmerer hat immer darauf verwiesen, das wäre Aufgabe der Politik. Und dabei ist es geblieben.

 

Damit komme ich zu der Frage: Wer soll es denn machen? Ich denke, wer wie die meisten hier im Raum schon länger dem Rat angehört, ahnt, worauf ich hinaus will.  Am 09.04.2013 hat der damalige Bürgermeister und jetziger Ehrenbürgermeister bei den Haushaltsberatungen im Hauptausschuss auf unser Drängen hin folgenden Vorschlag gemacht: (Ich zitiere wörtlich) „Derzeit haben wir einen Azubi im Hause, der gute Leistungen erbringt, der eine hohe Vorliebe für Zahlenwerke hat und dem wir von der Altersstruktur der Kämmerei her später gute Aussichten für sein Weiterkommen bieten könnten; dies könnte zu der gewünschten Kontinuität in der vorgesehenen Controlling-Funktion für Jahre hindurch führen. Diesen Azubi würden wir nach seiner Verwaltungsausbildung zum Finanzcontroller entsprechend weiterbilden und in der Kämmerei anstellen. Sein Aufgabenfeld als Finanzcontroller wäre dann durch den Rat festzulegen“ Soweit der Ehrenbürgermeister Walter Ramm. Der Rat hat dann in seiner Sitzung vom selben Tag auf unseren Antrag mehrheitlich wie folgt beschlossen: „Der Bürgermeister wird beauftragt, umgehend die personellen und finanziellen Voraussetzungen für die Schaffung der Stelle eines/r Finanzcontrollers/in zum Aufbau eines internen Controllingsystems in der Gemeindeverwaltung Kreuzau zu schaffen“.

 

Dies meine Damen und Herren ist aus unserer Sicht der Lösungsansatz 3. Sowohl bei Lösungsansatz 1, nämlich der künftigen systematischen Vorgehensweise im Sanierungs- und Entwicklungsausschuss als auch beim Lösungsansatz 2, der Formulierung eines validen Ziel- und Kennziffernsystem für unsere Produktpalette sollte der künftige Controller dem Rat wertvolle Dienste leisten können. Wie eben schon gesagt, wir als Ratsmitglieder können von außen nicht in die Verwaltung hineinschauen. Der Controller aber sitzt mitten drin.

 

Sehr geehrter Herr Bürgermeister Eßer. Ich gehe davon aus, dass Sie zu den Zusagen Ihres Amtsvorgängers stehen. Wie ich gehört habe, soll der betreffende Mitarbeiter Mitte dieses Jahres seine Ausbildung beendet haben. Wir sollten uns dann im Sanierungs- und Entwicklungsausschuss und später wie vom Ehrenbürgermeister angeregt im Rat darüber unterhalten, wie der Zuschnitt des Aufgabenfeldes sein soll.

 

Ich denke, wenn die Bürgerbefragung und diese drei genannten Lösungsansätze konsequent verwirklicht würden, bestünde die Chance, dass wir im Laufe dieser Legislaturperiode die noch bestehende Einsparpotentiale heben könnten, sodass die von der Verwaltung schon eingeplanten Steuererhöhungen nicht oder zumindest nicht in vollem Maße notwendig werden.

 

Ich danke Ihnen für Ihre geschätzte Aufmerksamkeit.