Genehmigungsantrag der Firma Papierfabrik Niederauer Mühle GmbH (Verwaltungsvorlage 20/2011)

24 Mai 2011

Genehmigungsantrag der Firma Papierfabrik Niederauer Mühle GmbH, Werk Kreuzau, vom
14.02.2011 gemäß § 16 BImSchG;
hier: Stellungnahme der Gemeinde Kreuzau

I. Sach- und Rechtslage:

Der o. a. Genehmigungsantrag liegt, wie Ihnen bereits bekannt, in der Zeit vom 11.04.2011 bis 11.05.2011 bei der Bezirksregierung Köln, Dienstgebäude Aachen, und im Rathaus Kreuzau zu jedermanns Einsicht offen. Etwaige Einwendungen gegen das Vorhaben können nur gegenüber
der Bezirksregierung Köln bis zum 28.05.2011 schriftlich mitgeteilt werden.

Unabhängig von dieser Öffentlichkeitsbeteiligung hat die Bezirksregierung Köln die Gemeinde Kreuzau mit Schreiben vom 29.03.2011, eingegangen am 06.04.2011, ebenfalls um Stellungnahme gebeten. Gemäß § 11 der 9. BImSchV muss die Gemeinde innerhalb eines Monats, spätestens bis zum 02.05.2011, Stellung nehmen. Da die Sitzung des Rates der Gemeinde Kreuzau erst am 11.05.2011 stattfindet, wurde mir Fristverlängerung bis 15.05.2011 gewährt.
Unabhängig von der planungsrechtlichen Stellungnahme, die aufgrund des rechtskräftigen Bebauungsplanes unstrittig ist, können seitens der Gemeinde Kreuzau aus ihrer Sicht erforderliche  Nebenbestimmungen (Bedingungen, Vorbehalte, Befristungen und Auflagen) mitgeteilt werden. Nach Durchsicht der Unterlagen werde ich Ihnen hierzu auch einige Vorschläge unterbreiten.

Ausschließlicher Gegenstand des Genehmigungsantrages ist folgende Maßnahme:

-  Verarbeitung von bis zu 470 t gebrauchtem Getränkekarton pro Tag auf den Papiermaschinen PM 2 und PM 3.

Eine Kurzbeschreibung des Antrages ist als Anlage zu Ihrer Information beigefügt.

Nachstehend möchte ich Ihnen anhand dieser Kurzinformation noch einige Erläuterungen geben.

Die PM 3 befindet sich zurzeit noch in der abschließenden Realisierungsphase. Die gebrauchten Getränkekartons, besser bekannt unter dem Begriff „Tetrapak“, werden bisher nur auf der PM 2
verarbeitet. Nach der bisherigen Genehmigung war vorgesehen, auf der PM 3 nur reines klassisches Altpapier zu verarbeiten. Da man jedoch festgestellt hat, dass man die mit dem derzeitigen Betrieb verbundenen Geruchsimmissionen im Umfeld der Produktionsanlagen durch
technische Maßnahmen weiter reduzieren kann, beabsichtigt man nunmehr, das Tetrapak zukünftig sowohl auf der PM 2 als auch auf der PM 3 zu verwenden. Man weist ausdrücklich darauf hin, dass sich die Anlieferungsmenge von gebrauchten Getränkekartons nicht erhöhen wird
(Anmerkungen hierzu folgen noch). Das Verhältnis des Einsatzmaterials beträgt nach Umstellung sowohl auf der PM 2 als auch auf der PM 3 im Regelbetrieb ca. 1/3 gebrauchten Getränkekartons und ca. 2/3 herkömmliches Altpapier, wobei jedoch die Durchsatzmenge an der PM 3 höher liegt als bei der PM 2. Als maximale Durchsatzmenge von gebrauchtem Getränkekarton wird auf der PM 2 als auch auf der PM 3 allerdings 100 % der aufbereiteten Getränkekartonmenge verarbeitet.
Diese Betriebsweise soll die Ausnahme sein und wird im Wesentlichen nur dann realisiert, wenn an einer der beiden Papiermaschinen Reparaturen durchzuführen sind.
Die Aufbereitung der Getränkekartons soll ausschließlich in der Stoffbereitung 2 erfolgen. Die heute hier vorhandenen Ablufthauben werden an den neuen 55  m hohen Abluftkamin angeschlossen, was sicherlich als positiv zu bezeichnen ist.
Zukünftig wird, wie bislang, die Geruchsimmissionssituation im Wesentlichen durch die 32 m hohen Kamine auf der PM 2 bestimmt. Der 55 m hohe Zentralkamin, durch den die Abluft der PM 3 und der Stoffaufbereitung 2 (Tetrapak) abgeleitet wird, trägt nicht wesentlich zur Geruchsimmission bei (auch hierzu weitere Anmerkungen).

Die ersten erheblichen Bedenken, die ich habe, beginnen jedoch nicht mit der Soll-Situation, sondern mit der auf Seite 4 der Anlage beschriebenen Ist-Situation. Der Begriff „Ist-Situation“ bedarf wohl keiner Interpretation; hier kann es auch keine Fehldeutung geben. Von daher überrascht mich die hier aufgeführte Anliefermenge von gebrauchtem Getränkekarton mit maximal 470 t/d außerordentlich. Sofern diese maximale Anliefermenge täglich voll ausgeschöpft wird, ergibt sich hieraus eine Jahresanliefermenge von 171.550 t (470 x 365). Wenn diese Zahl tatsächlich als Ist-Zustand zutrifft, sind alle bisher vermuteten Zahlen bewusst oder unbewusst falsch. Andererseits begrüße ich natürlich, dass erstmalig seit dem Jahre 2000 überhaupt eine Anliefermenge von gebrauchtem Getränkekarton beziffert wird, denn weder der Ursprungsgenehmigungsbescheid vom 18.10.2000 oder der  Genehmigungsbescheid vom 05.09.2006 bzw. der jüngste Genehmigungsbescheid vom 18.03.2011 beziffern konkret eine entsprechende Anliefermenge. Man kann nur versuchen, anhand von angegeben Spuckstoffen oder anhand der maximal möglichen Leistung der Auflösemaschine Mengen zu ermitteln.

Während im Ursprungsbescheid 2000 die Spuckstoffe aus der Getränkekartonverarbeitung mit 18.300 t/Jahr angegeben sind (und dies ist die genehmigte Menge), sind es nach dem neuen Antrag 55.000 t/Jahr. Aber kommen wir zurück zu den nunmehr angegebenen Anliefermengen.
Die Auflösetrommel kann nach meinen Informationen maximal 90.000 t/a verarbeiten. Die Frage sei erlaubt, was mit dem Rest geschehen ist. Das TÜV-Gutachten vom 21.12.2005, welches Bestandteil des enehmigungsbescheides vom 05.09.2006 ist, sagt auf Seite 14 Folgendes aus:

„Es werden pro Tag ca. 200 t gebrauchter Getränkekarton und ca. 130 t andere Altpapiersorten verarbeitet.“

Legt man diese Zahl zugrunde, beträgt der Ist-Zustand 73.000 t/Jahr. Nach neuem Antrag soll der Ist-Zustand sich jedoch, wie bereits erwähnt, auf 171.550 t/Jahr belaufen. Der gleiche Gutachter geht in dem nunmehr vorgelegten Gutachten vom 03.02.2011 plötzlich auch von maximal 470 t/d aus.
Der Gutachter sagt aber auch im gleichen Gutachten 2011 auf Seite 41, dass zukünftig ca. 230 t/d gebrauchter Getränkekarton in der Stoffaufbereitung 2 verarbeitet wird. Dies würde eine Jahresmenge von 83.950 t bedeuten (Anmerkung: Auf der gleichen Seite 41 wird eine  Stoffaufbereitung 1 vom Gutachter erwähnt; ich hoffe, es handelt sich hierbei um einen Schreibfehler, denn eine Stoffaufbereitung 1 ist bisher nicht vorhanden und ist auch nicht Antragsgegenstand.)

Um diesem ganzen Zahlenwirrwarr ein Ende zu bereiten, sollte folgende Forderung erhoben werden:

Als Bedingung ist in den Genehmigungsbescheid Folgendes aufzunehmen:

Die Anlieferungsmenge von gebrauchtem Getränkekarton beträgt maximal 230 t/d bzw. 83.965 t/a.“

Nunmehr Anmerkungen zum TÜV-Gutachten vom 03.02.2011.

Wie bereits erwähnt, geht man auf Seite 12 des Gutachtens bei der Ist-Situation  von 470 t/d  gebrauchtem Getränkekarton aus. Andererseits geht man auf Seite 41 von ca. 230 t/d aus. Womit hat man denn nun gerechnet?  Das TÜV-Gutachten legt auch auf Seite 8 nach wie vor Geruchsimmissionsdaten aus einem Gutachten der Firma Aqua System Consult vom Dezember 2001 zugrunde. Ob dieses Gutachten heute noch Bestand hat, vermag ich nicht zu beurteilen, sollte jedoch einer kritischen Überprüfung im Genehmigungsverfahren unterzogen werden.

Für die Ausbreitungsberechnung wird auf Daten der Wetterstation Nörvenich zurückgegriffen (wie bisher). Auf eine Übertragbarkeitsstudie des Deutschen Wetterdienstes wurde aufgrund der  räumlichen Nähe verzichtet. Ebenfalls nahegelegene Wetterstationen in Zülpich und Heimbach werden als nicht geeignet angesehen, da diese eindeutig durch Tallagen geprägt sind und hier  fast ausschließlich Südwind herrscht. Interessant ist auch, dass im Jahre 2011 nach wie vor auf das repräsentative Jahr 1993 der Wetterstation Nörvenich zurückgegriffen wird. Begründet wird
dies damit, dass der DWD das Jahr 1993 als repräsentatives Jahr ausgewiesen hat. Trifft dies auch heute noch zu?
Hieraus resultiert aus meiner Sicht folgende weitere Forderung der Gemeinde Kreuzau:

Vor Erteilung der Genehmigung ist eine Stellungnahme des DWD einzuholen. Hierbei sollten folgende Fragen beantwortet werden:

1.  Sind die Daten der Station Nörvenich generell geeignet?
2.  Ist das Jahr 1993 auch heute noch repräsentativ?

Da die LANUV ebenfalls eine Stellungnahme abgeben wird, sollte zusätzlich die LANUV um Stellungnahme gebeten werden, ob die Geruchsimmissionsdaten der Firma Aqua System Consult von Dezember 2001 ohne weitere Überprüfung heute noch übernommen werden können.

Im Zusammenhang mit dem TÜV-Gutachten ist äußerst interessant, dass man inzwischen firmenintern festgestellt hat, dass einer der hauptgeruchrelevanten Stoffe Trimethylamin ist. Diese Aussage ergibt sich aus Seite 10/11 des Gesamtantrages, Kapitel 4  -Anlagen und Verfahrensbeschreibung-. Aus der beigefügten Kurzbeschreibung ist dies nicht zu entnehmen. Es handelt sich hierbei um ein farbloses brennbares Gas mit schon in starker Verdünnung intensivem fischartigen Geruch. Man hat dies offensichtlich festgestellt bei einer Überprüfung des Kreislaufwasser-/Abwasserbüttensystems. Aus diesem Grunde wird dem abgeleiteten Abwasser auch je nach Bedarf Polyaluminiumchlorid (PAC) zudosiert. In keiner der bisherigen Beschreibungen seit dem Jahre 2000 ist dieser Stoff erwähnt, obwohl es sich nach eigenen Angaben um einen der hauptgeruchrelevanten Stoffe handelt. Aus dem TÜV-Gutachten kann ich nicht ersehen, ob dies betrachtet worden ist. Hierzu sollte folgende Forderung erhoben werden:

Aus Kapitel 4, Seite 10/11, des Originalantrages ergibt sich die erstmalige Aussage, dass eine der hauptsgeruchrelevanten Stoffe Trimethylamin ist; von daher ist zu klären, ob dieser Stoff in der
Geruchsimmissionsprognose des TÜV-Rheinland vom 03.02.2011 Berücksichtigung gefunden hat.

In der der Sitzungsvorlage beigefügten Kurzbeschreibung ist unter Ziffer 4.5 -Auswirkungen durch Abwasser- Folgendes aufgeführt:

„Hinsichtlich der Abwassermengen und der Qualität des Abwassers finden keine Änderungen statt.“

Im Kapitel 4.1 des Originalantrages umfasst die Beschreibung des Wasserkreislaufes, endend mit der Ableitung in den Kanal, insgesamt 6 Seiten. Hieraus ist u. a. zu entnehmen, dass zur Regulierung der Wasserqualität des gesamten Stoffaufbereitungs-  und Papierverarbeitungssystems die Zugabe von Chemikalien erforderlich ist, um verschiedene
Parameter in einem bestimmten Bereich einzustellen. Zur Regulierung werden im Wesentlichen 3 Chemikalien eingesetzt:

1.  Wasserstoffperoxid (H2O2).
Dieser Stoff wird beigegeben, um eine Reduktion der im Wasser enthaltenen Schwefelverbindungen zu verhindern.

2.  Polyaluminiumchlorid (PAC).
Diese Chemikalie wird, wie bereits erwähnt, dosiert beigegeben, um den erstmals genannten Stoff Trimethylamin zu binden.

3.  Weißkalk (CaO).
Bedingt durch Versäuerungsprozesse der im Altpapier  enthaltenen organischen Substanzen sinkt der pH-Wert des im Kreislauf geführten Wassers ständig ab. Die bei den Gärprozessen entstehenden organischen Säuren sind teils flüchtiger Natur, so dass sie  beim Herstellungsprozess und insbesondere bei der Trocknung des Papiers an der
Papiermaschine mit der abgeführten Abluft imitiert werden. Durch die Zugabe von Weißkalk soll sichergestellt werden, dass der pH-wert dauerhaft bei 6,5 liegt.

Völlig unstrittig und bisher auch bekannt ist, dass Chemikalien eingesetzt werden müssen. Es ist sogar zwingend notwendig, Wasserchemikalien einzusetzen. In diesem Zusammenhang verwundert es mich jedoch, dass für die ordnungsgemäße Zudosierung der 3 benannten  Wasserchemikalien das Betriebspersonal verantwortlich ist durch Kontrollen „von Hand“. Wäre es beim heutigen Stand der Technik nicht möglich und sicherer, den Wasserkreislauf durch moderne Techniken permanent zu überprüfen. Wären so nicht Geruchsbelästigungen aus dem Kanal zu
verhindern?

Aufgrund meiner vorstehenden Ausführungen sollte folgende weitere Forderung erhoben werden:
Im Zusammenhang mit der Überprüfung des Wasserkreislaufes ist die Nebenbestimmung aufzunehmen, dass die Überwachung der Wasserqualität zukünftig durch den Einsatz moderner Technik und nicht durch Probenahmen von Hand erfolgt.

Ich schließe hiermit meine Stellungnahme zum Antrag und hoffe, dass die eigentlich zuständigen Fachbehörden eine sicherlich fachkompetentere Überprüfung der Antragsunterlagen vornehmen. Gegen die Erteilung der beantragten Genehmigung bestehen nur dann keine Bedenken, wenn den von mir formulierten Forderungen entsprochen wird bzw. im Erörterungstermin diese als unbegründet zurückgewiesen werden können.

II. Haushaltsmäßige Auswirkungen:

Entfällt.

III. Beschlussvorschlag:

Gegen die Erteilung der beantragten Genehmigung bestehen seitens der Gemeinde Kreuzau nur dann keine Bedenken, wenn die nachstehend aufgeführten Forderungen der Gemeinde Kreuzau im Genehmigungsverfahren berücksichtigt oder aber im Erörterungstermin als unbegründet zurückgewiesen werden können:

1.  Die Anlieferungsmenge von gebrauchtem Getränkekarton beträgt maximal 230 t/Tag bzw. 83.965 t/Jahr.

2.  Vor Erteilung der Genehmigung ist eine Stellungnahme des DWD einzuholen. Hierbei sollten folgende Fragen beantwortet werden:

a)  Sind die Daten der Station Nörvenich generell geeignet?
b)  Ist das Jahr 1993 auch heute noch repräsentativ?

Da die LANUV ebenfalls eine Stellungnahme abgeben wird, sollte zusätzlich die LANUV um Stellungnahme gebeten werden, ob die Geruchsimmissionsdaten der Firma Aqua System Consult von Dezember 2001 ohne weitere Überprüfung heute noch übernommen werden können.

3.  Aus Kapitel 4, Seite 10/11, des Originalantrages ergibt sich die erstmalige Aussage, dass eine der hauptsgeruchrelevanten Stoffe Trimethylamin ist; von daher ist zu klären, ob dieser Stoff in der Geruchsimmissionsprognose des TÜV-Rheinland vom 03.02.2011 Berücksichtigung gefunden hat.

4.  Im Zusammenhang mit der Überprüfung des Wasserkreislaufes ist die Nebenbestimmung aufzunehmen, dass die Überwachung der Wasserqualität zukünftig durch den Einsatz moderner Technik und nicht durch Probenahmen von Hand erfolgt.

Der Bürgermeister