Haushaltsrede 2005

11 April 2005

Rede des Fraktionsvorsitzenden der FDP-Fraktion Egbert Braks zum Entwurf der Haushaltssatzung der Gemeinde Kreuzau für das Haushaltsjahr 2005

Herr Bürgermeister,

meine sehr geehrte Damen und Herren des Rates,

die FDP kann sich als kleine und arme Fraktion leider keine Klausurtagungen leisten und somit auch nicht mit einer Vielzahl von ausgefeilten Kürzungsvorschlägen, wie sie von den großen Parteien vorgelegt worden sind, aufwarten.

Wir möchten die mit dem vorgelegten Entwurf verbundenen Probleme allerdings gleichwohl einmal aus grundsätzlicher Sicht beleuchten.

Natürlich ist der Entwurf des Haushalts 2005 eine Katastrophe. Wir möchten uns aber ausdrücklich nicht der Aussage des Bürgermeisters anschließen, wonach die dramatische Entwicklung zu mehr als 90% fremdbestimmt sei. Wir können nicht so tun, als sei mehr oder weniger alles durch die schlechte Arbeit von Bund, Land und Kreis vorbestimmt, legen aber selbst die Hände in den Schoß und sehen resigniert zu, wie „alles den Bach runtergeht“.

Letztlich steht uns ein bestimmtes Volumen an Einnahmen zur Verfügung, an dem wir uns bei unserem Ausgabenverhalten orientieren müssen. Alles was wir mehr ausgeben als einnehmen, geht zu Lasten der nachfolgenden Generationen. Man mag diese Auffassung als alten Hut bezeichnen, dann aber fragen wir zurück, ob in der Gemeinde Kreuzau wirklich alle Möglichkeiten ausgereizt sind? Wir meinen nein!

Die Gemeindeverwaltung Kreuzau ist sicherlich, was die Ziele der „Aufgabenerfüllung“ und „Bürgerfreundlichkeit“ angeht, ganz oben im Ranking zu finden. Hinsichtlich der „Wirtschaftlichkeit des Verwaltungshandelns“ haben wir jedoch erhebliche Bedenken, ob Kreuzau dieses wichtige Ziel auch nur annähernd erfüllt.

Wolfram Engels, der viel zu früh verstorbene Herausgeber der „Wirtschaftswoche“ hat im Jahre 1990 die deutsche Öffentlichkeit mit der Feststellung aufgeschreckt, dass „100 Jahre Betriebswirtschaftlehre an der deutschen öffentlichen Verwaltung spurlos vorübergegangen“ seien. In den vergangenen 15 Jahren hat sich daraufhin in Deutschland sehr viel getan. Fast überall wurden im Zusammenhang mit der Einführung der „Neuen Steuerung“ Kosten- und Leistungsrechnungen eingerichtet, Controller eingestellt sowie mit der Umstellung der kameralistischen Haushaltsrechnung auf eine kaufmännisch orientierte Rechnunslegung ein vorher nicht für möglich gehaltener Paradigmenwechsel herbeigeführt.

Für Kreuzau muss man leider sagen, dass es diese Entwicklung auch in den vergangenen 15 Jahren verschlafen hat. Wohin man auch blickt, außer der begrüßenswerten Budgetierung der Ausgabenansätze für die Schulen ist weit und breit kein betriebswirtschaftliches Instrument zu entdecken.

Im Gegenteil: Alle Indizien sprechen dafür, dass seitens des Herrn Bürgermeisters alles getan wird, jede betriebswirtschaftliche Neuerung entweder ganz zu unterdrücken oder wenn es gar nicht anders geht, sie zeitlich möglichst weit nach hinten zu schieben. Belege hierfür gibt es genug.

Ich erinnere erstens an die Klimmzüge der Verwaltung, das NKF nicht vor 2009 einzuführen zu müssen.

Zweitens: Die Sachstandsinformation Nr. 13/2004 vom 01.02.2005 enthält zum Thema „Einführung einer Kosten- und Leistungsrechnung beim Bauhof“ folgende Bemerkung: Die Einführung erfolgt (wörtlich) „wenn überhaupt, erst ab 2009. Ist nur mit zusätzlichem Personalaufwand zu bewerkstelligen“.

Und drittens: Im Haushaltsentwurf ist man auf S. 117 offenbar stolz auf die (ich zitiere wieder wörtlich) „Ersparnisse aufgrund des Wegfalls des bisher ab 2005 eingeplanten Kostenrechners“.

Dies meine Damen und Herren ist genau der falsche Weg. Was wir hier in Kreuzau brauchen, ist ein Controller, der das Verwaltungshandeln unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten mitsteuert und in jeder Hinsicht transparent macht. Ansonsten befürchten wir, dass es auch in Zukunft zu wirtschaftlichen Fehleinschätzungen kommt, wie sie im Zusammenhang mit dem Einbau neuer Heizzentralen in der Sporthalle und Festhalle offenkundig geworden sind.

Dem Herrn Bürgermeister ist der Schreck in die Glieder gefahren als ihm der Haushaltsentwurf vorgelegt wurde. Sie können sicher sein, dass wir ebenso erschrocken waren als wir uns die Vorlage 12/2005 für die 3. Sitzung des Bau- und Planungsausschusses angesehen haben.

Darin wird vorgeschlagen, den von der Firma Harpen angebotenen Wärmelieferungsvertrag nicht abzuschließen, sondern stattdessen selbst zwei neue Heizzentralen mit einem Investitionsvolumen von 470.000 € einzurichten, wodurch sich jährliche Einsparungen von 20.000 € ergeben sollen. Dabei wurde die jedem Kaufmann selbstverständliche Tatsache, dass auch Abschreibungen und Instandhaltungsaufwendungen zu berücksichtigen sind, völlig außer Acht gelassen.

Gott sei Dank hat Herr Kollege Seel und mit ihm der Bau- und Planungsausschuss den Braten gerochen und die Verwaltung zur Vorlage einer vernünftigen Wirtschaftlichkeitsrechnung unter Einbezug der Abschreibungen aufgefordert. Diese Berechnung wurde mit dem Vermerk vom 08.03.2005 als Anlage zu TOP 4 der Niederschrift nachgeliefert.

Wir wollen nicht darüber räsonieren, warum z.B. die Festhalle nicht längst als kostenrechnende Einrichtung geführt wird, für die die Veranschlagung von Abschreibungen nach § 12 Gemeindehaushaltsverordnung verpflichtend gewesen wäre. Auch ist die Tatsache, dass die Investitionskosten von fast einer halben Million Euro im Verwaltungshaushalt anstatt im Vermögenshaushalt veranschlagt werden sicherlich als Grenzfall zu werten und nur dadurch zu rechtfertigen, dass eine Erweiterung oder wesentliche Verbesserung der Gebäude völlig in Abrede gestellt wird.

Nehmen wir die neue Vorlage also einfach wie sie ist. Zunächst betragen die Investitionskosten statt 470.000 € plötzlich nur noch 440.000 €. Daneben werden die Energiekosten gegenüber der alten Vorlage mal eben um 25 % gesenkt. Die Nutzungsdauer der Anlage wird zum größten Teil auf sage und schreibe 35 Jahre geschätzt, obwohl dies allenfalls für die Rohrleitungen zulässig wäre. Außerdem werden die Abschreibungen wiederum nicht berücksichtigt, da sie ja auch im Haushaltsplan nicht anzusetzen seien. Mit einer auf diese Weise „geschönten“ Rechnung kommt die neue Vorlage wieder auf eine sog. „Ersparnis“ von 19.000 € jährlich. Richtigerweise müssen die Abschreibungen in einer Wirtschaftlichkeitsrechnung selbstverständlich berücksichtigt werden. Nimmt man die künstlich niedrig gerechneten Abschreibungen der neuen Vorlage hinzu, beträgt der sog. „ jährliche Kostenvorteil“ nur noch 2.200 €. Würden sich die zu zahlenden Zinsen auch nur um 0,5% erhöhen, wäre der sog. Vorteil schon dahin.

Meine Damen und Herren, das wäre ja alles noch zu akzeptieren, aber wie sind die Dinge wirklich? Würden die Investitionen wirklich in Eigenregie vorgenommen, müsste die Gemeinde Kreuzau im Verwaltungshaushalt des Jahres 2005 zunächst einmal die gesamten Ausgaben von 440.000 € tragen. Aber ist das alles? Mitnichten! Wie Sie wissen, muss spätestens zum 01.01.2009 eine Eröffnungsbilanz vorgelegt werden, bei der die Sporthalle und die Festhalle als Anlagevermögen anzusetzen sind. Die Ermittlung der Wertansätze ist dabei nach § 92 Abs. 3 der Gemeindeordnung (neu) auf der Grundlage von vorsichtig geschätzten Zeitwerten vorzunehmen. Das bedeutet, dass die Investitionssumme von 440.000 € für die neuen Heizungen dann selbstverständlich zusätzlich in der Bilanz der Gemeinde Kreuzau erscheinen wird. Das bedeutet weiter, dass dieser Betrag von 2009 bis zum Jahr 2040 Jahr für Jahr im Verwaltungshaushalt (ab 2009 heißt das Ergebnisplan) abgeschrieben werden muss. Im Klartext: Aufgrund dieses strategischen Fehlers hat Kreuzau die Investitionssumme gleich doppelt im Verwaltungshaushalt zu verkraften.

Ein weiterer erheblicher Kritikpunkt ist die geplante Finanzierung der Investitionen. In beiden Vorlagen soll die Maßnahme mit Kassenkrediten finanziert werden. Kassenkredite dienen grundsätzlich nicht der zusätzlichen Finanzierung öffentlicher Haushalte zu Vorzugskonditionen sondern sind ursprünglich eingeführt worden um Engpässe auf dem Geldmarkt vor den großen Steuerterminen vermeiden zu helfen. § 87 Gemeindeordnung sagt hierzu, dass die Gemeinde zur rechtzeitigen Leistung ihrer Ausgaben Kassenkredite aufnehmen kann, soweit für die Kasse keine anderen Mittel zur Verfügung stehen. In unserem Fall will die Gemeinde die Investitionssumme von 440.000 € offenbar allen Ernstes 35 Jahre lang durch Kassenkredite finanzieren, ohne auch nur in irgendeiner Form an Tilgung zu denken. Wir halten dieses Vorgehen schlichtweg für unverantwortlich.

Nun ist die Vorlage urplötzlich wieder zurückgezogen worden, weil noch ein Ortstermin geplant ist und auch andere Lösungsmöglichkeiten, wie z.B. der Abschluss eines Wärmelieferungsvertrages mit einem nahe gelegenen gewerblichen Betrieb geprüft werden sollen. Wir wollen ja nicht zu böse denken. Aber dieses Vorgehen könnte auch nahe legen, dass es sich bei der ganzen Aktion nur um eine Luftnummer nach folgendem Szenario handelt:

Der Betrag von 440.000 € wird im Haushaltsplan nach wie vor veranschlagt. Die Investition wird jedoch in 2005 nicht getätigt, sondern in Wirklichkeit ein Wärmelieferungsvertrag mit einem Contractor abgeschlossen. Die ersparte Summe könnte dann wegen der gegenseitigen Deckungsfähigkeit für Mehrausgaben bei Haushaltsstellen der Hauptgruppen 5 und 7 verwendet werden. Auf diese Weise ließe sich noch manche Wohltat an den einen oder anderen Verein ohne die Vornahme eines Nachtragshaushaltes verteilen. Ich hoffe, dass wir hier wirklich zu böse gedacht haben und vor allem die Verwaltung hier nicht selbst auf dumme Gedanken gebracht haben. Es dürfte klar sein, dass wir eine solche Strategie nicht mittragen könnten, weil die auf diese Weise entstehenden Ausgaben ja ebenfalls in nicht seriöser Weise über Kassenkredite finanziert werden müssten.

Konsequenter Weise beantragen wir, die Ansätze bei der

  • HHSt. 561.5000 (Bauliche Unterhaltung der Großsporthalle) um 210.000 € und
  • HHSt. 761.5000 (Bauliche Unterhaltung der Festhalle) um 230.000 €

zu kürzen und stattdessen einen möglichst günstigen Wäremelieferungsvertrag mit einem Contractor abzuschließen. Diese Ausgabenansätze nur mit einem Sperrvermerk zu versehen, halten wir allein wegen der unseriösen Finanzierung nicht für ausreichend.

Meine Damen und Herren, ich komme zurück auf die Notwendigkeit, betriebswirtschaftlichen Sachverstand auch in die Gemeindeverwaltung Kreuzau einzubauen. Wenn ursprünglich bereits für das Jahr 2005 die Einstellung eines Kostenrechners eingeplant war, sollte es nicht zu schwer fallen, über den eigenen Schatten zu springen und diesen Schritt auch wirklich zu vollziehen. Lohnen würde es sich allemal. Es müsste ja vielleicht auch keine Neueinstellung sein. Es gibt bestimmt junge Mitarbeiter oder Mitarbeiterinnen, die bereit und in der Lage wären, unter Umständen durch Erwerb von Zusatzqualifikationen die Controllingfunktion wahrzunehmen.

Falls der Einwand käme, dass die personellen Kapazitäten der Verwaltung restlos ausgeschöpft seien, möchten wir anmerken, dass in jeder Verwaltung durch entsprechende Umorganisation und Konzentration auf die eigentlichen Kernaufgaben noch die eine oder andere zusätzliche Stelle freigeschaufelt werden kann, wenn nur der Wille dazu vorhanden ist.

Dazu nur ein kleines Beispiel: Wie den Amtlichen Mitteilungen des Amtsblattes Nr. 3/2005 zu entnehmen ist, werden für die Kreuzauer Senioren in diesem Sommer immerhin 11 Fahrten und Reisen unter anderem in die Bretagne, nach Danzig, die Masuren und Posen, nach Österreich und an den Gardasee mit folgendem Vermerk angeboten: „Wenn Sie an den Fahrten von Altbürgermeister Zens interessiert sind, können Sie direkt unter Tel. 02422-7274 oder 507439 Kontakt aufnehmen. Für weitere Fragen stehen Ihnen auch gerne die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Gemeinde Kreuzau unter Tel. 02422-507115 oder 02422-507116 bzw. unter der email-Adresse g.steg@kreuzau zur Verfügung.“ Meine Damen und Herren, Sie werden mir zustimmen, dass diese sicherlich lobenswerten Aktivitäten grundsätzlich auch von den Mitarbeitern bzw. Mitarbeiterinnen des Kreuzauer Reisebüros wahrgenommen werden könnten.

Wir haben so eben mit Freude und Interesse vernommen, dass offenbar Konsens besteht, wie vom Bündnis 90/Die Grünen beantragt, einen parteiübergreifenden Arbeitskreis zur gründen, um weitere Sparmaßnahmen zu ergreifen. Auch wir sind gerne bereit mitzuarbeiten, wenn man uns dazu auffordert. Aber ersetzt diese Maßnahme die Installierung eines Controllers in der Gemeindeverwaltung selbst? Hierzu sagen wir ausdrücklich nein!! Ich möchte das kurz begründen:

§ 75 Abs. 2 Gemeindeordnung verpflichtet die Kommunen, ihre Haushaltswirtschaft sparsam und wirtschaftlich zu führen. Der Gesetzgeber hat diese Formulierung mit Bedacht gewählt, denn die Begriffe „Sparsamkeit“ und „Wirtschaftlichkeit“ bezeichnen zwei völlig unterschiedliche Verhaltensweisen.

Sparsamkeit bedeutet, weniger Geld auszugeben bei gleichzeitiger Aufgabenreduzierung. Als aktuelles Beispiel kann der Antrag des Bündnis 90/Die Grünen gelten, die Straßenbeleuchtung zu reduzieren und dadurch die Ausgaben zu senken.

Wirtschaftlichkeit bedeutet dagegen, die vorhandenen Aufgaben mit geringerem Mitteleinsatz zu erledigen bzw. mit dem vorhandenen Potential an Ressourcen die bestmögliche Aufgabenerfüllung herauszuholen. Hier ist also die interne Effizienz der Verwaltung angesprochen.

Es liegt auf der Hand, dass der beantragte parteiübergreifende Arbeitskreis ohne weiteres dazu geeignet ist, durch intensive Aufgabenkritik weitere Sparmaßnahmen auszuloten. Aber Fragen, ob und wo innerhalb der Verwaltung selbst Unwirtschaftlichkeiten bestehen, kann nur der Verwaltungsinsider beantworten. Bedenken Sie bitte, ein parteiübergreifender Sanierungsausschuss ist immer noch Teil des Kontrollorgans der Gemeinde und muss die Verwaltung zwangsläufig von außen betrachten. Der Controller sitzt hingegen mitten im Geschehen und hat naturgemäß wesentlich bessere Einblicke. Eine Effizienzverbesserung der Verwaltungssteuerung kann nur mit dem Einsatz betriebswirtschaftlicher Instrumente, wie z.B. der Einrichtung einer flächendeckenden Kosten- und Leistungsrechnung geschehen. Aufgabe des Controllers wäre es selbstverständlich, auch dem Rat bzw. dem Sanierungsausschuss durch den Aufbau eines geeigneten betriebswirtschaftlichen Berichtswesens zuzuarbeiten.

Insofern beantragen wir, und dies ist unser zweiter Antrag, bereits in 2005 entweder in der Kämmerei oder im Hauptamt eine Controllingstelle einzurichten. Zur Finanzierung könnten die für den ursprünglich vorgesehenen Kostenrechner eingeplanten Mittel verwendet werden. Hilfsweise ist die Stelle durch eine Straffung der Organisation freizuschaufeln.

Ich möchte zum Schluss ausdrücklich betonen, dass das Controlling nicht mit der Funktion der Rechnungsprüfung verwechselt werden darf. Ein Rechnungsprüfer prüft erst dann, wenn alles gelaufen ist. Der Controller steckt hingegen mitten im Geschäft und steuert das Verwaltungsgeschehen mit. Dies hätte dann auch den Vorteil, dass unserem Herrn Bürgermeister nicht der Schreck in die Glieder fahren muss, wenn ihm der Haushalt vorgelegt wird. Er wüsste dann nämlich bereits im laufenden Jahr, wohin die Reise geht.

Ich bedanke mich sehr für Ihre geschätzte Aufmerksamkeit.