Bürgerrechte (Teilhabe und Information der Bürgerinnen und Bürger)

22 Juni 2009

Einer der Grundpfeiler liberaler Politik ist die Förderung und Bewahrung der Bürgerrechte. Früher ging es vornehmlich um den Schutz des Einzelnen vor einer unzulässigen Gängelung durch die „Obrigkeit“. Privat vor Staat, das ist auch heute noch die Devise der Freien Demokratischen Partei. Der Schutz der einzelnen Bürgerinnen und Bürger ist nicht nur eine Aufgabe der FDP im Bund. Auch auf kommunaler Ebene setzt sich die FDP für eine möglichst weitgehende Selbstbestimmung der einzelnen Bürgerin und des einzelnen Bürgers ein. Dazu gehört vor allem auch Teilhabe an den politischen Entscheidungsprozessen, da wo es möglich ist. Dazu gehört aber auch, dass die Bürgerinnen und Bürger so gut wie möglich darüber informiert werden, was innerhalb der Gemeinde in den wichtigen Angelegenheiten geschieht.

Die FDP-Fraktion hat versucht, diese Ziele im Rat der Gemeinde Kreuzau umzusetzen. Einiges konnte erreicht werden, anderes leider nicht.

So war die FDP im Wahlkampf 2004 mit dem Ziel angetreten, das bisher in Kreuzau praktizierte Verfahren der Haushaltsberatungen durch einen Bürgerhaushalt zu ersetzen. Der Bürgerhaushalt würde den Forderungen nach Teilhabe und verbesserter Transparenz in idealer Weise entsprechen. Die Fraktion hat aber sehr schnell erkannt, dass dieses Ziel in dieser Legislaturperiode nicht erreicht werden konnte, weil die Kämmerei personell zu schwach besetzt war, um sowohl die gesetzlich vorgeschriebene Umstellung auf das Neue Kommunale Finanzmanagement (NKF) als auch die Einführung des Bürgerhaushalt gleichzeitig durchzuführen. Aber aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Wir werden dieses Ziel nicht aus den Augen verlieren.

Im April 2005 konnten wir einen kleinen Erfolg verzeichnen. Bei den Beratungen über den Erlass einer Satzung zur Durchführung von Bürgerentscheiden war uns aufgefallen, dass es unter Umständen für den Bürgermeister eine Möglichkeit gegeben hätte, im Abstimmungsheft des Bürgerentscheides die Begründungen der Ratsfraktionen für ihre Stimmempfehlungen ersatzlos zu streichen. Auf Betreiben der FDP und durch Unterstützung des gesamten Rates hat der Bürgermeister die Formulierung der Satzung geändert. Mit ihrem Vorschlag, dass der Bürgermeister auf sein Recht verzichtet, zu lange Äußerungen des Begründungstextes des Bürgerbegehrens zu ändern und zu kürzen, konnten sich die FDP leider nicht durchsetzen.

Ein weiterer kleiner Erfolg war uns beschieden, als wir im November 2006 im Rat anfragten, ob nicht die vollständigen Niederschriften über Sitzungen des Rates und seiner Ausschüsse ins Internet gestellt werden könnten. Bis zu diesem Zeitpunkt erhielten lediglich die Ratsmitglieder die Ratsprotokolle über den öffentlichen Teil der Sitzungen. Die Bürgerinnen und Bürger hingegen hatten keinerlei Möglichkeiten zu erfahren, wie und mit welchen Argumenten die Beschlüsse des Rates zustande gekommen waren. Im Dezember 2006 folgte der Rat einstimmig dem zwischenzeitlich gestellten FDP-Antrag. Von diesem Zeitpunkt an kann sich jede Bürgerinn und jeder Bürger auf der Website der Gemeinde Kreuzau unter http://www.kreuzau.de/rvke/politik/index8.php vollumfänglich über den Verlauf der Rats- und Ausschusssitzungen informieren. 

Nur einen indirekten Erfolg konnten wir mit unserem Antrag auf Durchführung einer repräsentativen Bürgerbefragung zur Frage erzielen, was mit der maroden Festhalle geschehen soll. Hier hätte die Möglichkeit bestanden, in dieser für Kreuzau so wichtigen Frage, ohne großen Kostenaufwand zu erfahren, was die Bürgerinnen und Bürger aller Ortschaften der Großgemeinde für richtig halten. Wollen sie den Neubau, die Großsanierung oder den Abriss der alten Festhalle? Wie nicht anders zu erwarten, wollte die CDU lieber gar nicht erst wissen, was die Bürgerschaft denkt. Die Befragung wurde nicht durchgeführt. Allerdings wurden die bei CDU, SPD und Verwaltung schon weit gediehenen Pläne eines Neubaus der Festhalle (s. Begründung zu unserem Antrag) mit der Ablehnung unseres Antrages sofort fallen gelassen. Da der Neubau den Kreuzauer Haushalt finanziell völlig überfordert hätte, können wir unseren Antrag zumindest als Teilerfolg verbuchen. Es wäre uns allerdings lieber gewesen, wir hätten die Bürgerin und den Bürger in dieser Frage selbst zu Wort kommen lassen. Dann wäre die Entscheidung des Gemeinderates wesentlich fundierter zu treffen gewesen. Für die Zukunft werden wir an dem Instrument einer repräsentativen Bürgerbefragung bei wirklich wichtigen Entscheidungen, die der Rat zu treffen hat, festhalten. Nur so kann die Teilhabe der Bürgerschaft an den politischen Entscheidungsprozessen außerhalb der Kommunalwahlen gewährleistet werden.

Mit einem anderen Vorhaben, die Kreuzauer Bürgerinnen und Bürger besser über das politische Geschehen in ihrem Wohnort zu informieren, sind wir leider an der unnachgiebigen Haltung des Bürgermeisters und der mangelnden Unterstützung durch die CDU gescheitert. Der FDP war aufgefallen, dass im an sich vorzüglich gestalteten Amtsblatt keinerlei Berichterstattung über das Zustandekommen der im Rat getroffenen Beschlüsse stattfindet. Dies ist besonders im Zusammenhang mit den Haushaltsberatungen zu bemängeln.

Beratung und Verabschiedung des Haushalts gehören seit jeher zu den „vornehmsten Aufgaben“ eines jeden Parlaments. Der tatsächliche Ablauf im Kreuzauer Gemeinderat entspricht dieser Idealvorstellung durchaus: Der Bürgermeister legt dem Gemeinderat den Haushaltsentwurf vor und begründet ihn in einer längeren Rede. Der Haushaltsentwurf wird dann sofort ohne weitere Diskussion an die Fraktionen verwiesen und dort beraten. Sofern es Änderungsanträge der Fraktionen gibt, werden sie in der nächsten Sitzung des Hauptausschusses beraten und dem Gemeinderat zur Annahme oder Ablehnung empfohlen. Im Gemeinderat wird über die Änderungsanträge entschieden. Alsdann halten die Fraktionsvorsitzenden von CDU, SPD und FDP (Bündnis 90/Die Grünen verzichten regelmäßig) ihre Haushaltsreden. Darin werden die gegensätzlichen Positionen der Fraktion nicht nur zu den einzelnen Haushaltsansätzen sondern auch zum aktuellen und für die Zukunft geplanten Geschehen in der Gemeinde Kreuzau zum Ausdruck gebracht.

Während der Bürgermeister seine eigene Rede regelmäßig in voller Länge im Amtsblatt abdruckt, berichtet er über die Meinungsäußerungen der Parteien, wie z.B. im Amtsblatt Nr. 04/2008 vom 25.04.2008 nachzulesen, grundsätzlich nur mit einem einzigen Satz: „Traditionell halten die Vorsitzenden der im Rat vertretenen Fraktionen hier ihre Haushaltsreden“.

Die FDP-Fraktion hat hiergegen zum ersten Mal im Rahmen einer Anfrage an den Bürgermeister in der Ratssitzung vom 24.09.2008 interveniert. Bürgermeister Ramm lehnte eine erweiterte Berichterstattung oder gar den Abdruck der Haushaltsreden aus Platzgründen im Amtsblatt ab. Er sagte lediglich zu, im Amtsblatt künftig einen Hinweis über die Veröffentlichung der Niederschriften im Internet einzufügen.

Wir sind nach wie vor der Meinung, dass die Berichterstattung des Bürgermeisters über das politische Geschehen in Kreuzau äußerst mangelhaft ist. Welche Möglichkeiten haben denn die Bürgerinnen und Bürger sich zu informieren?

Sie könnten die Ratssitzungen besuchen. Mehr als 15 Besucher finden allerdings im Ratssaal keinen Platz.

Die interessierten Bürgerinnen und Bürger könnten die Berichterstattung in der Presse lesen. Abgesehen davon, dass die Dürener Lokalpresse über die Meinungsäußerungen der Parteien streng nach Proporz, angelehnt an die Größe der Parteien berichtet, finden i.d.R. oft nur einzelne „kernige Sprüche“ der Redner und die entsprechenden Reaktionen darauf Aufnahme in die Zeitungsberichte. Die Berichterstattung der Presse ist insofern meistens zufallsgesteuert und bildet das ganze Meinungsspektrum nur unvollkommen ab.

Es ist natürlich auch möglich, die Haushaltsreden im Ratsinformationssystem der Gemeinde im Internet unter http://www.kreuzau.de/rvke/politik/index8.php nachzulesen. Diese Möglichkeit hatte die FDP-Fraktion ja im Dezember 2006 im Rat durchgesetzt.

Es gibt aber auch in Kreuzau Bürgerinnen und Bürger, die weder eine Zeitung beziehen noch das Internet nutzen. Ihre einzige Informationsquelle, etwas über die Vorgänge in Kreuzau zu erfahren, ist das kostenlos verteilte Amtsblatt der Gemeinde. Sie werden dort, wie oben dargestellt, nur über die Ansichten des Bürgermeisters über den von ihm selbst aufgestellten Haushalt unterrichtet. Was die Mitglieder des Gemeinderates, immerhin die gewählten Vertreter der Kreuzauer Bürgerschaft von diesem Haushalt mit einem Aushabenvolumen von über 40 Mio € halten, erfahren diese Bürgerinnen und Bürger nie.

Die FDP-Fraktion hat in einer zweiten Anfrage im Mai 2009 versucht, ihrem Anliegen nach einer verbesserten Berichterstattung des Bürgermeisters im Amtsblatt Gehör zu verschaffen. Abgesehen davon, dass die entsprechende Äußerung des FDP-Vertreters noch nicht einmal Eingang in die Niederschrift der Sitzung gefunden hat, ist auch dieser Versuch an der kompromisslosen Haltung der Bürgermeister und der mangelnden Unterstützung durch die Mehrheitspartei gescheitert.

Wir werden unsere Linie auch in der Zukunft konsequent weiterverfolgen. Erfolgsaussichten bestehen allerdings nur dann, wenn sich die Mehrheitsverhältnisse nach der Kommunalwahl 2009 so verändern, dass die CDU ihre Blockadepolitik in dieser Frage nicht mehr ohne weiteres wie bisher durchhalten kann…