Haushaltsrede 2006

23 April 2006

Rede des Fraktionsvorsitzenden der FDP-Fraktion Egbert Braks zum Entwurf der Haushaltssatzung der Gemeinde Kreuzau für das Haushaltsjahr 2006

Herr Bürgermeister,

sehr geehrte Damen und Herren,

Die Reaktionen auf unseren im Hauptausschuss gestellten Antrag veranlassen mich, einige Dinge an dieser Stelle gerade zu rücken.

Was war geschehen? Wir hatten die Verwaltungshaushalte der Jahre 2002, 2003 und 2004 mit den entsprechenden Jahresrechnungen verglichen. Für jede einzelne der rd. 900 Haushaltsstellen haben wir untersucht, inwieweit die Haushaltsansätze dieser Jahre tatsächlich ausgeschöpft worden sind. Dabei ist es völlig normal, dass die Planansätze mal vom Ergebnis übertroffen und mal auch nicht ausgeschöpft werden. Dies war auch bei den untersuchten Kreuzauer Haushalten der Fall. Trotzdem konnten wir 26 Haushaltsstellen herausfiltern, bei denen die Planansätze in allen drei Jahren höher waren als die entsprechenden Ist-Zahlen.

Wenn die Haushaltsansätze dreimal hintereinander nicht ausgeschöpft werden, könnte das immer noch Zufall sein. Also wollten wir mit unserem Antrag die Verwaltung bitten, dass sie für diese Haushaltsstellen feststellt, ob auch im Jahr 2005 die Planansätze nicht ausgeschöpft worden sind. Falls ja, wären die Ansätze viermal in Serie nicht ausgeschöpft worden. Das es sich dann immer noch um Zufall handelt, ist eher unwahrscheinlich, es hat hier dann System.

Für diesen Fall wollten wir die Verwaltung um besondere Begründungen bitten, warum die Planansätze auch in 2006 so hoch sein müssen und fragen, ob sie nicht den tatsächlichen Ergebnissen der Vorjahre angepasst werden könnten.

Wir konnten nicht ahnen, welche Reaktionen wir mit diesem an sich harmlosen Antrag auslösen würden. Die Verwaltung hat den Antrag bereits in der Luft zerrissen, ehe ich ihn überhaupt stellen konnte.

So hat der Kämmerer behauptet, die von uns für die Hauptschule aufgelisteten Haushaltsstellen unterlägen der Budgetierung, für die andere Regeln gelten würden. Da haben wir selbst schon darauf geachtet. Falls sie doch budgetiert sein sollten, ist die Darstellung im Haushaltsplan falsch.

Herr Schmühl selbst hat uns erst auf die Idee gebracht hat, diesen umfangreichen Haushaltsvergleich anzustellen. Sie, Herr Schmühl, haben auf der letzten Sitzung des Bau und Planungsausschusses in öffentlicher Sitzung sinngemäß geäußert: „Ich runde bei meinen Planungen bewusst auf. Nicht um später zu glänzen, sondern um später außerplanmäßige Ausgaben zu verhindern“. Die Gemeindeordnung fordert, dass der Haushaltsplan die voraussichtlich zu leistenden Ausgaben enthalten muss. Der Gesetzgeber spricht hier eine sehr deutliche Sprache. Er meint jedenfalls nicht, dass es auch immer „ein bisschen mehr“ sein darf. Wirft man einen Blick auf die Ausgabenpositionen „Unterhaltung und Bewirtschaftung der Grundstücke und baulichen Anlagen“ insgesamt, wird klar, dass es immer „ein bisschen mehr“ ist. Im Durchschnitt waren in jedem dieser drei Jahre 215.000 € zuviel eingeplant. Wie die Zahlen im Jahr 2005 waren, erfahren wir dann ja vielleicht im November dieses Jahres.

Was wollten wir eigentlich mit unserem Antrag erreichen? Ich habe schon im Haushaltsausschuss ausgeführt, dass man durch die Reduzierung der Planansätze zunächst einmal keinen EURO einspart. Wir wollten aber die Verwaltung dazu bringen, an den Stellen, wo möglicherweise etwas zu üppig geplant worden ist, das Korsett mit Augenmaß etwas enger zu schnüren. Wir meinen nämlich, dass reduzierte Planansätze im Ergebnis durchaus zu einer verstärkten Haushaltsdisziplin führen können. Wir sind sicher, dass man uns vorhalten wird, so hätte man in Kreuzau bisher immer geplant und man wäre auch gut damit gefahren. Aber ich denke, dass es in Zeiten wie diesen, wo praktisch riesige Ausgabenblöcke auf Pump finanziert werden, möglich sein muss, von den gewohnten, zugegebenermaßen angenehmen Planungsgewohnheiten abzuweichen und auch einmal, den Absichten des Gesetzgebers entsprechend, „spitz“ zu kalkulieren.

Auch der Herr Bürgermeister hat sich vehement dagegen verwahrt, Personalausgaben in die Liste der zu untersuchenden Haushaltsstellen aufzunehmen. Das könnten wir uns „abschminken“, die Nichtausschöpfung der entsprechenden Haushaltsstellen sei samt und sonders auf organisatorische Umbesetzungsmaßnahmen zurückzuführen. Herr Bürgermeister, das mögen im Einzelfall Gründe sein, allerdings fragen wir, warum sich dann vier Jahre hintereinander solche Planungsunterschiede aufgetan haben und warum nicht irgendwann die Planansätze den neuen Realitäten entsprechend angepasst worden sind.

Wenn man sich die Personalausgaben in der Gruppierungsübersicht ansieht, sind im Jahre 2002 insgesamt 168.000 EURO, im Jahr 2003 insgesamt 223.000 EURO und in 2004 gar 362.000 EURO zuviel eingeplant worden. Tendenz also steigend. Auch wenn noch so viel hin und her versetzt worden ist, diese Zahlen sprechen eine deutliche Sprache.

Zudem hat uns noch die immer wiederkehrende Aussage der Verwaltung und einiger Ausschussmitglieder gestört, die Überprüfung der von uns aufgelisteten Haushaltsstellen sei zu viel Arbeit! Meine Damen und Herren, es handelte sich lediglich um 26 Haushaltsstellen! Bei einem Soll-Ist-Vergleich für das Jahr 2005 wären einige Positionen wahrscheinlich dadurch heraus gefallen, dass sie in 2005 voll ausgeschöpft worden sind. Also hätten dann vielleicht noch für 20 Haushaltsstellen Begründungen geliefert werden müssen, warum sie in dieser Höhe zwingend notwendig sind. Das scheint uns nicht zuviel Arbeit , zudem war knapp ein Monat Zeit, um entsprechende Begründungen zu liefern oder die Haushaltsansätze zu kürzen.

Im Hauptausschuss sollte ich dann unseren Antrag zurück ziehen , um ihn in den Sanierungsbeirat einzubringen. So gab es keine „blutige Nase“ und politisch ist das o.k. Was der Antrag aber im Sanierungsbeirat soll, erschließt sich uns beim besten Willen nicht. Wenn die Haushaltsansätze für 2006 so beschlossen werden, sind sie ein für allemal festgezurrt. Nachträglich sich darüber zu unterhalten, dass sie vielleicht zu hoch waren, ist nach unserer Meinung reine Zeitvergeudung. Wir werden im nächsten Jahr die aktualisierten Zahlen erneut überprüfen und, falls notwendig, einen entsprechenden Antrag erneut und rechtzeitig stellen. Aber vielleicht plant die Verwaltung für das Jahr 2007 von sich aus etwas „spitzer“, uns sollte es freuen!

Nochmals zum neu geschaffenen Sanierungsbeirat! Ich darf wörtlich aus der Dürener Zeitung zitieren: Es „gehe in den nächsten Jahren nur noch um Sachdiskussionen, zu denen die sachliche Arbeit im Sanierungsausschuss ihren Beitrag leiste, wobei aber Rolf Heidbüchel mit zustimmendem Kopfnicken Essers betonte :’Dabei darf keine Ausgabe tabuisiert werden. Jeder Cent, jeder Euro muss auf den Prüfstand’.“ Herr Heidbüchel und Herr Eßer, da sind wir aber gespannt, wie das gehen soll, jede Ausgabe, jeden Euro und jeden Cent auf den Prüfstand zu stellen. Die Unterlagen dazu sind sehr umfangreich, und  wie sollen wir wenigen Vertreter des Rates diese Sisyphusarbeit in den wenigen Sitzungen, die im Jahr stattfinden, leisten? Uns fehlen hierzu einfach die Insiderkenntnisse, es ist zudem auch nicht unsere Aufgabe.

Was hier fehlt, meine Damen und Herren, ist eine Person, egal ob sie nun Controller oder anders heißt, die kraft ihres Amtes an alle Unterlagen herankommt und die keine andere Aufgabe hat, als sich intensiv und ständig um die Wirtschaftlichkeit dieser Verwaltung zu kümmern. Wenn es auch noch so oft bezweifelt wird, diese Person hätte hier genug zu tun und sie würde sich mit Sicherheit auch „rechnen“.

Für den Sanierungsbeirat gäbe es trotzdem noch genug zu tun. Ich möchte hierfür ein Beispiel nennen. In der Sitzung des Schulausschusses vom 02.03.2006 hat es eine lebhafte Debatte über die Reinigung der Kreuzauer Schulen gegeben. Herr Kollege Heidbüchel bemängelte, dass er von dem Abschluss eines neuen Reinigungsvertrages, der die Reinigung aller gemeindlichen Gebäude betrifft, nichts erfahren habe. Herr Stolz meinte, das sei Geschäft der laufenden Verwaltung .Wir meinen, dass Herr Stolz zwar damit Recht hat, allerdings hätte er den Rat darüber informieren sollen. Interessanter noch war aber die anschließende Diskussion, als sich nämlich herausstellte, dass allgemeine Unzufriedenheit über die Reinigungsleistungen des Vertragspartners herrscht. Insbesondere war nicht zu klären, wer für die Bestätigung der Richtigkeit der ausgestellten Rechnungen bzw. Arbeitszettel zuständig ist. Einige Schulleiter fühlten sich verantwortlich, andere meinten, dies sei Sache der Hausmeister, die es aber teilweise gar nicht mehr gäbe. Die Verwaltung meinte, falls sie entsprechende Informationen erhielte, sei das Bauamt für entsprechende Mängelrügen zuständig.

Meine Damen und Herren, wie viel leichter ließe sich das Problem lösen, wenn die Kosten der Reinigung ebenfalls den Budgets der einzelnen Schulen zugeschlagen würden. Gegenseitige Deckungsfähigkeit der Ausgaben vorausgesetzt, könnte jeder Schulleiter selbst entscheiden, wie viel Reinigungsleistung er einkaufen will. Wenn er sie einkauft, wird er aus eigenem Interesse dahinter her sein, dass die Arbeiten ordnungsgemäß erledigt werden. Auf jeden Fall hätte er die alleinige Verantwortung dafür und müsste, falls er die Ausführung der Reinigungsarbeiten nicht richtig kontrolliert, damit leben, dass die Außenwelt die betreffende Schule als „schmutzig“ wahrnimmt. Er könnte dann auf jeden Fall nicht mit dem Finger auf die Gemeindeverwaltung zeigen, nach dem Motto, die, also die Gemeinde, lässt ihre Schulen vergammeln.

Dies war nur ein Beispiel. Im Sanierungsbeirat könnte aber sehr gut einmal der Frage nachgegangen werden, ob nicht zukünftig noch weitere Bereiche, insbesondere solche der Kernverwaltung dezentral budgetiert werden könnten. Nur wenn dezentral budgetiert wird, fallen Aufgabe, Kompetenz und Verantwortung zusammen. Nur dann besteht seitens der Verantwortlichen auch ein wirkliches Interesse daran, wirtschaftlich zu handeln.

Das würde allerdings bedeuten, dass sich auch das Verhältnis von Rat zu Verwaltung ändern müsste. Der Rat würde durch die Vorgabe von eng geplanten Budgets natürlich Kompetenzen an die bewirtschaftenden Stellen der Verwaltung abgeben müssen. Diesem Vertrauensvorschuss für die Verwaltung  stünde dem Rat im Gegenzug ein ausgefeiltes Berichtswesen zu, mit dem die Verwaltung den Rat zeitnah, lückenlos und umfassend über alle Vorgänge des laufenden Geschäftes zu informieren hätte. Ein solches, mit geeigneten Kennzahlen angereichertes Berichtswesen, könnte wiederum der angesprochene „Controller“ verantworten.

Der Rat würde jedenfalls dadurch spürbar entlastet, behielte seine Kontrollfunktion und könnte sich verstärkt auch grundsätzlichen Fragen stellen.

Auch für eine solche Grundsatzfrage möchte ich abschließend ein Beispiel nennen: Im Zusammenhang mit der Änderung der Flächennutzungspläne Schlagstein und Üdingen wurde von Herrn Kollegen Eßer wiederholt angeführt, dass hier immer allgemeines gegenüber privatem Interesse abzuwägen sei. Allgemeines Interesse hätte aber in der Regel Vorrang. Die Grünen und die SPD warfen die Frage auf, ob die dortige Vorratsplanung angesichts rückläufiger Geburtenzahlen überhaupt sinnvoll sei. Aus dieser Kontroverse wurde uns klar, dass es das von Herrn Eßer postulierte „allgemeine Interesse“ in dieser Form gar nicht gibt, dass es auf jeden Fall bei neu auftretenden gesellschaftlichen Gegebenheiten auch neu hinterfragt werden muss.

Unabhängig davon, ob nun mehr budgetiert wird oder nicht, ob ein Controller eingestellt wird oder nicht – der Rat sollte sich nach unserer Auffassung in näherer Zukunft einmal ganz grundsätzlich mit der Frage beschäftigen: Soll Kreuzau künftig weiter wachsen? Wenn ja, durch welche begleitenden Maßnahmen könnten wir aus Politik und Verwaltung zur Erfüllung dieses Ziels beitragen? Und schließlich, wie gehen wir damit um, wenn die Bevölkerungszahl demnächst auch in Kreuzau zurückgehen sollte?

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.